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Haushaltsrede Fraktionsvorsitzender Florian Sorg zum Haushalt 2025

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dr. Knecht, liebe Frau Schmetz, Frau Schwarz und Herr Mannl, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, 

 

alle Jahre wieder. Der Christbaum auf dem Marktplatz steht bereits und der Gemeinderat debattiert über den Etat des nächsten Jahres. Nur bleibt nicht mehr viel Geld übrig, was im nächsten und den Folgejahren ausgegeben werden kann.

 

Wäre der Haushalt ein Baum, dann wäre er ein großer und ziemlich verwachsener. Vielleicht ist der ein oder andere Trieb in den letzten Jahren gewuchert. Dazu kommt noch anhaltende Trockenheit. Für alle Zweige reicht das Wasser nicht mehr. Da müssen an der ein oder anderen Stelle Triebe zurückgestutzt werden. Aber eines gilt:

 

Man sägt nicht den Ast ab, auf dem man sitzt. 

 

Ein Haushalt, der die Axt am sozialen Zusammenhalt und der ökologischen Grundlagen anlegt, darf es nicht geben. Der Ergebnishaushalt 2025 ist mit 15 Millionen Euro mächtig in den Miesen. Nach der Herbststeuerschätzung ist gar mit einem Defizit von 20 Millionen zu rechnen. Es ist zu befürchten, dass die Stadt nichts zur Finanzierung von Investitionen erwirtschaften kann. 

 

Wir Grüne tragen grundsätzlich den Konsolidierungsprozess WIN LB mit. Unsere natürliche Grundlage, auf der sich unsere Gesellschaft entwickelt, darf jedoch nicht gefährdet werden. Man sägt nicht den Ast ab, auf dem man sitzt. 

 

Die Verwaltung hat dem Gemeinderat ein schweres Paket auferlegt. Wir wollen innerhalb des mühsam geschnürten Pakets keine einzelnen Nummern aufdröseln. Wir verheddern uns sonst nur hier im Gemeinderat. Zwei Nummern wollen wir im Gesamten jedoch erhalten: 

 

Zum ersten beantragen wir mit anderen das Projekt Connect zu erhalten. Die Mitarbeiterinnen unterstützen Heranwachsende in der kritischen Phase der Berufsorientierung. Was Connect leistet, ist für junge Erwachsene mit und ohne Fluchterfahrung einmalig. Diese Änderung in der Migrationspolitik ist notwendig: Die Hinwendung zu den Geflüchteten, damit gute Integration gelingt. 

 

Zweitens. Wir Grüne fordern das Förderprogramm Klimabonus zu erhalten: Die Bürgerschaft schöpft den Topf aus. Das lokale Handwerk und das Klima profitieren. Der effektive Einsatz von Steuermitteln, ist uns wichtig. Die Vorlage zur Anpassung der Förderrichtlinie - 266/24 - liegt uns bis heute nicht vor. Solange wir nicht wissen, was Sie mit dem Förderprogramm vorhaben, können wir am Klimabonus nicht rütteln. 

 

Ein dritter interfraktioneller Antrag - außerhalb der traurigen Dreiundzwanzig - will die Vielfalt der kulturellen Träger in der Stadt aufrecht erhalten. Die im Bündnis freier Kultureinrichtungen organisierten Institutionen mussten seit Jahren mit den gleichen Mitteln auskommen. Das bedeutet jedoch reale Kürzungen. Damit Kultur auch im nächsten Jahr die Ludwigsburger Gesellschaft zusammenbringt, braucht es hier, für bestimmte Einrichtungen einen Ausgleich. 

 

In den 23 Maßnahmen sind nicht nur Streichungen dabei, da sind auch Mehreinnahmen sowie Investitionen dabei.

 

Die Maßnahmen 5-17 treffen die Sozialausgaben. Hier wollen wir nicht leichtfertig streichen. Darin liegen viele Aufgaben der Stadt und diese kommen vielen Menschen in der Stadt zu Gute. Daher ist das der größte Etat. 

 

Aufsuchende Suchprävention für junge Menschen sollte nicht gestrichen werden, wenn es keinen Plan B gibt. 

 

Wir verstehen den Ansatz einer Gleichbehandlung aller Ganztagsschulen. Andrerseits dürfen Schulen, die sich früh für den Ganztag engagiert haben, jetzt nicht mit der Streichung bestraft werden. Die anderen Schulen stehen nun in der Pflicht den Ganztag schleunigst auszubauen. 

 

Auch mit erhöhten Beiträgen zur Kita- und Schulessensverpflegung sind wir nicht glücklich. Uns Grünen ist es es großes Anliegen, dass Menschen mit schmalem Portemonnaie sich vertraulich an Stellen innerhalb der Schulen und Kitas wenden können. Jedes Kind soll die Möglichkeit haben am gemeinsamen Essen teilzunehmen, wo notwendig auch aus einem Solidarbudget. 

 

Wir haben die Schwächeren in unserer Gesellschaft im Blick - gerade bei der LudwigsburgCard. SWLB und Blüba werden die Mehrkosten verkraften. Zumindest für die Jugendmusikschule wollen wir eine Lösung haben.  

 

Ludwigsburg steckt dauerhaft im Verkehrs-chaos. Damit wir die Straßen wieder frei bekommen für die Ludwigsburger Autofahrenden, für Busse, für die Fahrradfahrenden, helfen wohl nur finanzielle Anreize. So bekommen wir auch die Parkhäuser voll. Geförderte Alternativen wie die kostenfreie Nutzung des VVS mit dem Blübaticket gibt es schon. Andere Veranstaltungsformate sollten folgen. Damit das Maßnahmenbündel funktioniert - es beinhaltet auch Bewohnerparken und Gewerbetickets - dürfen wir hier die Maßnahme nicht aufdröseln. Sonst bekommen wir es hier nicht wieder zusammengeflickt. Es wird die Breite der Bevölkerung treffen und Aufschreie geben. Doch das werden wir auszuhalten wissen. Wir können versichern, Ludwigsburg wird durch erhöhte Parkgebühren nicht untergehen. Wichtig zu wissen ist: Trotz erhöhter Gebühren, decken diese bei weitem die Kosten der Allgemeinheit für einen Stellplatz nicht. 

 

Herr Knecht, Sie priorisieren sozialen Zusammenhalt. Damit rennen Sie bei uns Grüne offene Türen ein. Wir sind für alle Milieus da. Uns fällt nicht erst dann plötzlich der kleine Mann oder Frau ein, wenn mal die Parkgebühren steigen. 

 

Wir bedanken uns bei allen, die einen starken Beitrag für die Ludwigsburger Gesellschaft leisten. Sozialer Zusammenhalt bedeutet auch die Widerstandsfähigkeit der Gesellschaft zu stärken. Diese Resilienz ist gefragt, wenn Populismus unsere Debatten vergiftet. Populismus paart sich verdächtig oft mit Rechtsextremismus. Das Gegengift ist Demokratieförderung und wirksame Teilhabe der Menschen am gesellschaftlichen Leben in Ludwigsburg. Davon brauchen wir mehr.

 

Der soziale Zusammenhalt ist so wichtig wie der Schutz unserer Lebensgrundlage.

 

Vorletzte Woche wurde gemeldet. Griechische Muschelzüchter müssen dieses Jahr mit einem Umsatzeinbruch von 90 Prozent Ihrer Muschelernte rechnen. Für die Zucht im nächsten Jahr ist bereits ein Totalausfall zu verzeichnen. Das Mittelmeer war - und ist immer noch - zu heiß, so dass die Muscheln der Reihe nach verrecken. Es geht um Ludwigsburg, sagen Sie, Herr Knecht. Genau, und es wäre doch schlimm, wenn die Kleine Auster in der Eberhardstraße sich umbenennen muss zu: Keine Austern!

 

Das wollen wir nicht - dass die Parkplätze vor der Ladentür deswegen überflüssig werden, da es im Laden keine Muscheln mehr gibt.

Es wird zum Ende einen in dieser Runden geben, der auch den letzten Parkplatz verteidigen wird. 

 

Schauen wir von Griechenland nach Spanien. Dort sehen wir wie ungenügender Klimaschutz die Gesellschaft wütend macht. Die Klimawissenschaft hat derlei Extremwetterereignisse prognostiziert. Diese Sintflut in Valencia hat jedoch kein Wettermodell vorhersagen können. Innerhalb von Stunden kam mehr Niederschlag als sonst in Monaten. Mehr als 220 Tote sind zu beklagen.

 

Angesichts dessen: Was meinen Sie mit pragmatischer, realistischer Klimapolitik, Herr Knecht?

 

Was sagen Sie, was sagen wir, wenn in Ludwigsburg ein Kaltlufttropfen die Stadt flutet, Orkane die Häuser zerstören oder eine wochenlange Hitzeperiode die Stadt heimsucht? Eine unpassendere Antwort als „wir mussten halt sparen“ oder „hätten doch mal die anderen, wie China, USA, mehr gemacht“ könnten wir nicht geben.

 

Der Klimaschutz spaltet nicht die Gesellschaft. Es ist die Ignoranz und Leugnung des Klimawandels, welches die Gesellschaft spaltet. Dazu kommen leider parteipolitische Intrigen in Energiefragen. Diese Punkte werden weidlich durch den grassierenden Populismus ausgenutzt. Das spaltet.

 

Die Klimakrise wird bleiben. Da hilft es nicht die zu wählen, die vor dem Klimawandel die Augen verschließen - ob in den USA, in Deutschland oder im Ludwigsburger Gemeinderat.

 

Einige Jahre wird uns auch die finanzielle Schieflage der Stadt begleiten. So manche Krise haben wir bereits überwunden. Die derzeitige Flaute in der Wirtschaft ist jedoch nicht vom Himmel gefallen: Der brutale Angriffskrieg von Putins Russland führte zu wirtschaftlichen Verwerfungen. Hinzu kommen noch hausgemachte Probleme. Es gibt bessere Voraussetzungen für die notwendige Transformation der Wirtschaft. 

 

Richtig daher, was die sogenannten Wirtschaftsweisen vor zwei Wochen gefordert haben: Mehr Investitionen in die Infrastruktur, in die Bildung, in den Klimaschutz, in den Wohnungsbau - doch dazu müssen Mittel beschafft werden. 

 

Nachdem wir im letzten Jahr die Grundsteuer nicht erhöht haben, können wir es dieses Jahr nicht - aufgrund der Aufkommensneutralität. Interessanterweise kommen produzierende Unternehmen nun günstiger weg als zuvor. Somit bleibt nur noch ein Hebel, um auf der Einkommensseite die Situation des städtischen Haushalts zu verbessern. Die Gewerbesteuer: diese fällt nur für Unternehmensgewinne an. Herr Knecht, Sie sagen selbst, dass wir einen Hebesatz von 420 bei der Gewerbesteuer benötigen - für Kita-Plätze, Infrastruktur, usw. Sie wagen es jedoch nicht die 420 vorzuschlagen. Und wir holen nicht für Sie die Kastanien aus dem Feuer! Wir Grüne stellen keinen Antrag zur Gewerbesteuer.

 

Vielen Dank an Herrn Kistler, Frau Karstedt und Herrn Säckinger mit den jeweiligen Teams. Sie haben unter hohem Druck einen Haushalt und ein Konsolidierungspaket erarbeitet. Das mag uns bisweilen nicht gefallen, aber verdeutlicht den Ernst der Lage. 

Wir sind bereit mit Ihnen weiterhin - wirtschaftlich, innovativ und neu zu denken!

 

Dann aber auch mal ran an innovative Ideen.

 

Sie sprachen den Gebäudetyp E an, Herr Knecht. Lassen Sie uns Gebäude planen, die mit weniger Technik und Regularien auskommen. Bei denen, mit natürlichen Baumaterialien, günstig und nach Cradle to Cradle gebaut werden kann. Dazu braucht es aber auch Mut. Und das bedeutet nicht jede Norm für sakrosankt zu erklären. 

 

Neben dem Typ E, muss es den Gebäudetyp B geben. In B wie Bestand müssen wir reingehen. Beim Umbau und Sanieren kann es nicht sein, dass hier die selben Vorschriften wie beim Neubau gelten. Für eine klimaneutrale Sanierung brauchen wir einen pragmatischen Umgang mit dem Denkmalschutz. 

 

Dann ist weniger mehr. Mit der Reduktion auf das in Zeiten des Klimawandel notwendige, sparen wir auch Kosten. 

 

Letze Woche habe ich die Macher der Tübinger Verpackungssteuer getroffen: Tübingen rechnet dieses Jahr mit knapp 1 Million Euro zusätzlichen Steuereinnahmen durch diese Lenkungsabgabe auf Einwegverpackungen. Das bei überschaubaren Personalausgaben von etwa 150.000 Euro im Jahr. Das ist wirtschaftlich, das ist innovativ, das ist neu gedacht. Und wir lassen uns das Geld durch die Lappen gehen und putzen den Verschmutzern hinterher. 

 

Andere Städte wie Konstanz, Freiburg und Heidelberg führen auch 2025 die Verpackungssteuer ein. Diese können bald mit Mehreinnahmen rechnen. Diese Städte gehen mutig voran. Sie befürchten nicht, dass McDonald‘s vor Karlsruhe mit ihrer Beschwerde gegen die Verpackungssteuer recht bekommt.

 

So erhalten wir den Baum auf dem wir sitzen. 

 

Wir Grüne, wir sparen nicht an der Lust auf Zukunft.

 

Haushaltsrede Fraktionsvorsitzender Florian Sorg zum Haushalt 2025 am Mittwoch, 20. November 2024, anlässlich der Gemeinderatssitzung Ö1 Haushaltsplan 2025 und Finanzplanung mit Investitionsprogramm 2024 - 2028 - Stellungnahmen der Mitglieder des Gemeinderats.

 

Alle Haushaltsreden unter dem Bürgerinfoportal zur Arbeit des Gemeinderats

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