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Rede: Michael Vierling, Ausschuss Wirtschaft, Kultur und Verwaltung (WKV) am 08. Mai 2020

TOP 1 Aktueller Stand Maßnahmen Corona Pandemie, Auswirkungen auf Wirtschaft und Kultur


Zunächst möchte ich ausdrücklich den Einzelhändlerinnen und -händlern, den Gastronominnen und Gastronomen danken, dass sie uns eine attraktive Innenstadt gewährleisten. Dank gilt Ihnen für die Leidensfähigkeit, die Sie in den letzten Wochen zeigen mussten. Danke fürs Durchhalten.


Herr Keuthen, die vier Unterstützungsvorschläge, die Sie gemacht haben, nehmen wir aufgeschlossen in die Beratungen unserer Fraktion mit. Gut auch, dass Sie die Initiative der nächsten Grünen-Oberbürgermeisterin der Stadt Stuttgart, Veronika Kienzle, aufgreifen, der Gastronomie ab dem 18. Mai größere Außenflächen zur Verfügung zu stellen, nachdem ja in den Innenräumen nur noch weniger Gäste gesetzt werden können und auch im Freien größere Abstände eingehalten werden müssen.


Meine Damen und Herren, mit dem Virus werden wir leben müssen bis eine Impfung zur Verfügung stehen wird. Bis dahin gilt es, die Ausbreitung so gut es geht zu stoppen, indem wir die allgemeinen Vorsichtsmaßnahmen einhalten und Hot spots identifizieren.


Jetzt geht es darum, besondere Notlagen feststellen und im Bedarfsfall gezielt helfen. Da ist der Ludwigsburger Innenstadtverein natürlich ein ideales Scharnier zwischen Stadt und Wirtschaft, sozusagen ein Transmissionsriemen. Herr Steinert, Herr Keuthen, von Ihnen brauchen wir die Sichtweise der örtlichen Akteure; Sie wissen am besten, wo der Schuh drückt.


Die örtlichen Händler und Gastronomen unterstützen: „Support your locals!“- Appelle, so wird das auch genannt – Ja, Herr Steinert, so eine Kampagne auf Ortseingangstafeln stünde uns gut an; in Mannheim habe ich derartige Plakatierung im Straßenraum gesehen.


Die Gastronomie hat ja versucht, mit Essen zur Abholung und Auslieferung halbwegs über die Runden zu kommen – da finde ich es immer gut, wenn beim Abhol-Essen auch mit umweltfreundlichem Pfand-Mehrweg-Systemen gearbeitet wird. Und eine Perspektive für ein sinnvolles Miteinander der Innenstadt-Akteure könnte es sein, wenn über LUIS den Aufbau eines gemeinschaftlichen umweltfreundlichen Lieferdienstes gefördert würde – für all die Kunden, die lieber online oder telefonisch einkaufen.


Wenn jetzt eine gewisse Aufbruchstimmung entsteht, dann sollten entstandene Schäden und Ausfälle wenigstens teilweise aufholbar sein. Denn wenn es wirtschaftlich ab jetzt wieder bergauf geht mit Produktion und Dienstleistungen, wird damit auch die Basis gelegt werden für die steuerliche Leistungsfähigkeit, auf die unsere Stadtkasse so dringend angewiesen ist.

 

Und die kulturlose Zeit- die muss jetzt auch zu Ende gehen. Digitale Formate – schön und gut – aber das kann die knisternde Atmosphäre von Live-Kultur mit Bühnenkünstlern und Vor-Ort-Publikum nie ersetzen. Kunstschaffende und Kulturverwaltung müssen jetzt schnell Auftritts- und Miterlebens-Möglichkeiten schaffen, die so organisiert sind, dass Ansteckungsgefahren minimiert werden. Kultur ist ein Lebensmittel – wenn es fehlt, treten schwere Mangelerscheinungen auf.


Das gilt auch für unseren „Supertanker“, die Ludwigsburger Schlossfestspiele, die auch nach der Quasi-Absage der Spielzeit 2020 fest zu unserem Kulturleben gehören, die ja nicht abgeschafft sind, sondern einen substanziellen öffentlichen Zuschuss erhalten, so dass sie jedenfalls auch in diesem Jahr künstlerische Lebenszeichen aussenden müssen.


Frau Richert, Sie haben das Ende der Pfingstferien als möglichen Starttermin für ein „Wiederhochfahren“ der Kultur genannt.
Die bange Frage ist nur: Gibt es ein Zurück zum Vorher, vor der Corona-Zeit und wenn ja, wann?

Wir hoffen alle auf besseres Wissen, wie sich das Virus verbreitet, so dass wir die Ansteckungen sicherer verhüten können und Kulturveranstaltungen mit größerem Publikum wieder unbeschwert genießen können.


Bis dahin darf es aber nicht nur Totalabsagen geben. Wir müssen mit großer Phantasie und Flexibilität Möglichkeiten fürs Auftreten und fürs Miterleben schaffen. Die bisherigen Einnahmeausfälle für die Kunstschaffenden sind überaus schmerzlich, aber jetzt haben sie unsere Solidarität verdient, dass wir Bühnen, Säle, Hygienekonzepte und Verwaltungshilfe für ein Kulturerwachen zur Verfügung zu stellen.


Die Wissenschafts- und Kunstministerin Theresia Bauer hat für nächste Woche Öffnungsperspektiven mit konkreten Regelungen mit Spielräumen für kleine kreative Formate angekündigt. Seien wir vorbereitet und seien wir auch in unter schwierigen Umständen mit Überzeugung Kulturstadt!


Was sich in der Corona-Krise besonders schmerzlich auftut, sind die Verteilungsprobleme zwischen den Kunstschaffenden: Wer kein festes Anstellungsverhältnis hat, wer als freie Honorarkraft tätig ist, ist jetzt in besonderer Weise gekniffen. Perspektivisch brauchen wir für Kulturschaffende, die etwa in Daueraufgaben der kulturellen Bildung tätig sind, auch arbeitsvertragliche Absicherungen.

 

TOP 3 Kulturprogramm „Spielzeit Forum am Schlosspark“
Unsere Fraktion stimmt dem Beschlussvorschlag in allen Punkten zu.
Für die Vergangenheit, also die von Corona ungetrübte Zeit bis Februar 2020, geht unser Respekt und Anerkennung an Herrn Reuter und sein Städtisches Kulturprogramm.


Wirtschaftlich waren sowohl das Haushaltsjahr 2019 als auch die angefangene Spielzeit 2019/20 sehr erfolgreich – ein geringerer Zuschussbedarf als geplant, richtig gute Besucherzahlen bei einer hohen Zahl von Veranstaltungen. Man könnte glatt sagen „Kultur rechnet sich.“


Künstlerisch ist ihre Programmauswahl eh überragend: Sie holen uns, Herr Reuter, da Höhepunkte der europäischen Kulturlandschaft in unsere Stadt mittlerer Größe, damit sind wir ein Ausrufezeichen in der Kulturregion Stuttgart.


Ja, und so soll es nach den Corona-Einschränkungen auch weiter gehen. Deshalb sagen wir heute auch Ja zu Ihren auf den ersten Blick unverdrossenen Plänen, die bisherige Erfolgsstory weiter zu schreiben. Dabei hilft uns die schlanke und effiziente Struktur unserer städtischen Kulturverwaltung.


Wir unterstützen Sie dabei, die Abonnenten zu halten, indem wir mit einem tollen Programm Lust auf die Fortsetzung des Kulturlebens im Forum machen. So bereitet auch der Blick in die Anlage 2 zur Vorlage, in das Programm der Spielzeit 2020/2021 nur Vergnügen. Wir wollen für das Ludwigsburger Publikum auch weiter Genuss, Denkanstöße, Zukunftsweisendes und manchmal Irritierendes. Und wir wollen, dass Künstlerinnen und Künstler und ihre Familien Einkommen erzielen können, indem sie auftreten und ihr Können unter Beweis stellen können.


Nur bitte ergreifen Sie alle Möglichkeiten, auch schon vor Mitte Oktober 2020 Kultur auf die Bühne zu bringen! Auch wenn ein halbes Jahr für Sie schon Kurzfrist bedeutet, helfen Sie etwa mit alternativen Sälen wie dem Silchersaal oder der Musikhalle, Kammermusik und ähnliches möglich zu machen.

 

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