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Haushalt Einbringung

GR 23.11.2011

 

Anita Klett-Heuchert

Es gilt das gesprochene Wort

 

 

Gute Zeiten – schlechte Zeiten?

So möchte man zum Haushalt 2012 titeln. Nach anfänglich trüben Aussichten stehen nach der November-Schätzung doch Steuermehreinnahmen ins Haus, die den Rücklagenverbrauch auf 8,76 Mio. € senken. Trotz der positiven Aussichten müssen wir die Rücklagen anpacken, mehr noch, für den Investitionszeitraum droht uns schon ab dem nächsten Haushalt ein Finanzierungsdefizit , das sich bis 2015 auf ca. 10 Mio. € steigern könnte. – Und dies, bei nur den Investitionen, die bis heute beschlossen wurden. Kippen wir deshalb in „schlechte Zeiten“?

 

Nein, aber wir werden in diesen guten Zeiten für die schlechten Zeiten vorsorgen müssen, auch antizyklisches Handeln genannt. Der Finanzierung über „das Sparbuch“ sind Grenzen gesetzt, Kreditaufnahme kann im Hinblick auf Generationengerechtigkeit kein Mittel der Wahl sein und so werden wir nicht umhin kommen, Steuererhöhungen in Betracht zu ziehen.

Wir investieren viel in die Kleinkinderbetreuung, tragen so zur gesamtgesellschaftlichen Aufgabe einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei. Es ist gut und richtig, dies als Kommune voranzutreiben. Die neue grün-rote Landesregierung wird einen höheren Zuschuss als bisher beisteuern. Dennoch bleiben 32 % der Kosten ungedeckt. Deshalb sehen wir es als gerechtfertigt an, auch die Wirtschaft an der Bereitstellung dieser Infrastruktur zu beteiligen. Hat sie doch Vorteile davon, dass qualifizierte Arbeitskräfte, Männer wie Frauen, durch eine professionelle Betreuung des Nachwuchses zur Verfügung stehen. Eine Erhöhung des Hebesatzes bei der Gewerbesteuer – Ludwigsburg liegt im Vergleich bisher am unteren Ende – um 20 Punkte sehen wir als notwendig und angemessen an und unterstützen das Werben der Verwaltung. Eine weitere Erhöhung der Grundsteuer könnte so noch einmal hinausgezögert werden, wo sie doch gerade erst erhöht wurde. 

Der Haushalt ist, wie immer, solide und mit „kaufmännischer Vorsicht“ erstellt. Dafür wollen wir uns bereits jetzt und nicht erst am Schluss bei Ihnen, Herr Kiedaisch und dem ganzen Kämmerei-Team, bedanken. Pflichtbewusst haben Sie bei den Kostensteigerungen im Unterhalt der städtischen Liegenschaften auch jeweils darauf hingewiesen, dass hierfür die Einführung der gesplitteten Abwassergebühr verantwortlich ist. Hierzu stellen wir fest, dass es nun gerechter zugeht, wenn diese Kosten über den allgemeinen Haushalt gezahlt werden. Bisher mussten die Kosten für die notwendige Behandlung des Niederschlagswassers von den städtischen Gebäuden über den Frischwassermaßstab überproportional von Familien mit Kindern, die in Mehrfamilienhäusern wohnen, getragen werden, also gerade von denjenigen, die dies am stärksten getroffen hat.

 

Der größte Investitionsbedarf ist auch in Zukunft im Bereich „Bildung und Betreuung“ zu erwarten. Der Schulentwicklungsplan und die Gestaltung der Schullandschaft ist weiterhin eine finanzielle Herausforderung. Nicht nur in lange Zeit vernachlässigte Gebäude muss investiert werden, sie müssen auch geeignet sein, einen Ganztagesbetrieb mit Essensversorgung zu gewährleisten. Im Zusammenspiel von Lehrerschaft und Schulträger müssen mehr Ganztagsschulen entstehen. Damit können die Eltern von Kosten für die Kernzeitbetreuung entlastet werden. Unsicherheiten bestehen über die Schulform und es muss so schnell wie möglich entschieden werden, wo Gemeinschaftsschulen in Ludwigsburg ihren Platz finden. In Neckarweihingen wird damit – aus unserer Sicht unnötigerweise – die Standortfrage für den Lebensmittelmarkt abhängig gemacht. Davon abhängig ist wiederum das geplante Kinder-und Familienzentrum in Neckarweihingen, das dadurch im Finanzplan ins Jahr 2016 gerückt ist. 

Begrüßenswert ist die Entscheidung, die Schlösslesfeldschule um einen Trakt zu erweitern – es wird damit dem erweiterten Kinderaufkommen durch die Hartenecker Höhe Rechnung getragen und die Bücherei verbleibt als Bildungsangebot für alle im Stadtteil.

 

Weitere wichtige Entwicklungsbereiche aus der Sicht der Fraktion der Grünen sind:

 

Die Gestaltung unseres Straßenraums im Hinblick auf verschiedene Nutzungsbedarfe. Fußgänger und Radfahrer müssen in diesem Zusammenhang mehr Bedeutung bekommen. Die Sicherheit dieser schwächeren Verkehrsteilnehmer gegenüber den Autofahrern muss Vorrang haben. Dies gilt insbesondere dort, wo Schüler den Straßenraum mit Kraftfahrzeugen teilen, wie in der Schillerstraße. Die – berechtigten – Interessen der dort ansässigen Geschäftsleute müssen, unter Hinweis auf Parkangebote in unmittelbarer Nähe am Bahnhof (dort vier Möglichkeiten) und bei der Kreissparkasse, in Hintergrund treten. Damit hier endlich ein Anfang mit einem Schutzstreifen gemacht werden kann, stellen wir einen gemeinsamen Antrag mit der SPD.

 

Überhaupt müssen wir die Wende zu weniger Energieverbrauch schaffen. Was läge näher als die Bemühungen um umweltfreundliche Mobilität zu verstärken? Dazu wollen wir den Radwegeetat durch Verschiebung vom Feldwegeprogramm, wenn auch nur „symbolisch“ aufstocken. Unserer Meinung nach müssen die Feldwege nicht noch weiter ausgebaut werden, da ein sehr guter Stand erreicht ist. Vielmehr muss eine Verlagerung auf die innerstädtischen Achsen erfolgen. Mit E-Bikes ist es nun für alle möglich, auf dieses umweltfreundliche Verkehrsmittel umzusteigen. 

Nach wie vor sind wir daran interessiert, dass der öffentliche Nahverkehr gestärkt wird und unterstützen weitere Planungen zur Stadtbahn. Möge die Verkehrsinfrastrukturrücklage für diesen Zweck erhalten bleiben!

 

Mit der Stromübernahme haben die Stadtwerke die Herausforderung angenommen, Ludwigsburg zukunftssicher zu machen. Den Energieumbau hin zur klimaneutralen Kommune haben vor allem die Stadtwerke zu schultern.Mit einem Antrag wollen wir jedoch wissen, wie die Stadt diese Entwicklung unterstützt und ihre „Tochter“ bei dieser Aufgabe nicht alleine lässt. Unserer Meinung nach müssen wir sie deshalb tendenziell entlasten von höheren Abführungsraten an die Holding. Ziel für die subventionierte PAG muss es sein, das Defizit zu verringern. Nicht Gas- und Stromkunden sollen die Parkplätze subventionieren, sondern die Nutzer sollen einen größeren Anteil tragen. Aus dem selben Grund unterstützen wir auch die Parkraumkonzeption Ost.

Ein weiteres Aufgabengebiet der Stadtwerke sind die Bäder. Die Diskussion um das sanierungsbedürftige Stadtbad mündet nun voraussichtlich in einen Neubau als Schulbad, den auch die SWLb zu tragen hat. Wir können dem nur zustimmen, wenn die Finanzierung der nachfolgenden Nutzung im bisherigen Stadtbad-Gebäude über den städtischen Haushalt erfolgt.

 

Kulturell hat sich die Stadt in den letzten Jahren überaus positiv entwickelt. Dass dies seinen Preis hat und verschiedenste Einrichtungen am finanziellen Limit angekommen sind, war Inhalt von zwei Klausuren zur Kultur. Bei den Vereinen – sowohl im Sport als auch in der Kultur – wurden die 5%-igen Kürzungen nun zurück genommen. Städtische Kultureinrichtungen wurden dabei nicht berücksichtigt. Durch einen weiteren gemeinsamen Antrag mit der SPD dokumentieren wir die Meinung, dass auch hier die Aufstockung erfolgen muss. Übernehmen doch das Kunstzentrum Karlskaserne, das Sinfonieorchester und die Tanz- und Theaterwerkstatt wichtige kulturelle Aufgaben, die aus der Stadt nicht mehr weg zu denken sind.

 

Sorgenkind ist – und bleibt – die ARENA. Neben den Investitions- und Betriebskosten hat nun die Stadt auch mit einem erweiterten Veranstaltungsmanagement die finanzielle Bürde zu tragen. Kein Silberstreif am Horizont, eher dunkle Wolken sind zu vermelden, trotz des Herbeiredens von „Aufklaren“. Wir sind der Meinung, dass das Defizit nicht weiter anwachsen kann und stellen einen Antrag auf die Deckelung des Defizits auf 2 Mio. €. 

 

Einen weiteren „positiven“ Antrag, sprich „Einsparung in Höhe von 1,5 Mio. €“ stellen wir im Bereich des Erwerbs von künftigen Gewerbegebieten. Die grüne Fraktion lehnt die Ausweisung des Gewerbegebiets „Schanzacker am Fuße des Hohenaspergs ab. Die Erschließung ist schwierig, die Kulisse empfindlich und ein weiterer Bedarf für Logistikunternehmen sollte nicht unbedingt in Ludwigsburg abgedeckt werden.

 

Und noch weitere Einsparungsmöglichkeiten tun sich auf: Jährlich könnten rund 300.000 € aus dem städtischen Haushalt für sinnvollere Maßnahmen ausgegeben werden, als in Stuttgart ohne verkehrlichen Nutzen vergraben zu werden. Diese Umlage an die Region sollten wir uns sparen und einen modernen Kopfbahnhof unterstützen.

In vier Tagen haben wir es bei der ersten Volksabstimmung im Land in der Hand. 

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