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Rede zum Entwuf des Haushalts 2007

Klimaschutz - eine kommunale Aufgabe!

Jetzt hat’s auch die BILD gemerkt (Titelbild: Umweltschock! Die Erde hat Fieber!)

Die Warnungen aus Wissenschaft und Umweltverbänden in den letzten 30 Jahren haben kein Umdenken in den Köpfen bewegt. Wenn uns die BILD hilft, die Leute wachzurütteln, soll’s uns recht sein. Wir fürchten aber, dass – wie so oft – in kurzer Zeit wieder zur Tagesordnung übergegangen wird, in der Hoffnung, dass es der technische Fortschritt schon richten wird.

Bundesweit wurden seit 1999 30 Terrawatt-Stunden mit EE erzeugt, aber durch den Ausbau der Infrastruktur (mehr Wohn- und Verkehrsfläche) hat der Energieverbrauch im gleichen Zeitraum um 50 Terrawatt-Stunden zugenommen. D.h.: der technische Fortschritt macht nicht einmal den durch unsere Ansprüche gewachsenen Verbrauch wett.

Al Gore: "Einige Wahrheiten hört man nicht gerne. Denn wenn man sie sich anhört und weiß wie richtig sie sind, dann muss man sich verändern. Und Veränderung kann ziemlich unbequem sein."

Die Einsicht ist wohl da, aber die Veränderung ist nicht in Sicht, denn so ist die Realität (Mester-Zeichnung aus SZ)

 

Andreas Troge vom Umweltbundesamt hat beim Klimaschutzkongress im Forum klare Zahlen genannt: ohne Veränderung werden bis 2050 die durch den Klimawandel verursachten Schäden weltweit 10 Bio US-Dollar betragen. 3 Bio US-Dollar müssten aufgewandt werden, um diese Schäden zu verhindern. Wir in Ludwigsburg werden durch unsere komfortable Lage nicht zu den Hauptleidtragenden gehören. Wir sollten uns aber endlich unserer globalen Verantwortung bewusst werden. Wir sind auch moralisch dazu verpflichtet, weil wir auf Kosten ärmerer Länder leben. Ich bin Ihnen dankbar Her Spec, dass Sie das Thema in Ihrer Rede zur Einbringung des HH aufgegriffen haben und wir sind uns in der Einschätzung einig, dass auf kommunaler Seite viele, viele einzelne konkrete Beiträge geleistet werden müssen, um auch international voranzukommen. Sie haben beim Klimaschutzkongress gesagt: "Jede Kommune muss tun was sie tun kann."

Und der Klimaschutzkongress hat bestätigt, dass gerade in den Kommunen zahlreiche Handlungsfelder liegen und die Kommunen von Klimaschutzmaßnahmen profitieren: Die Finanzen bleiben beim örtlichen Handwerk, statt für Öl und Gas in andere Länder zu fließen (das hat der Direktor des Regionalverband südl. Oberrhein, Dr. Karlin beeindruckend dargestellt).

 

Die Energieagentur ist ein wichtiger Schritt. Wir nehmen das darin enthaltene Bekenntnis zur Einsparung von Energie, zu mehr Energieeffizienz, zur Nutzung regenerativer Energie und zur nachhaltigen Energieversorgung ernst und wollen, dass sich das auch im HH widerspiegelt. Wenn die Stadt mit gutem Beispiel vorangeht, kann auch die Bevölkerung mit intensiver Öffentlichkeitsarbeit dafür gewonnen werden.

 

Was die Stadt tun kann:

    Der weitaus wichtigste Markt für die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen ist im Bereich der Gebäudesanierung zu finden. Bei den Gebäuden in kommunaler Hand (z.B. Schulen, Stadtarchiv) gibt es seit dem Bau des Forums einen Investitionsstau, der dringend behoben werden muss. Wir begrüßen die Bemühungen der Stadt, diesen Sanierungsstau in den nächsten Jahren abzubauen. Aber immer noch werden dringende Maßnahmen geschoben. So z.B. die Osterholzschule, die schon 2001 einen Antrag auf Sanierung und Erweiterung gestellt hat. Der provisorische Anbau kühlt wg. mangelhafter Isolierung schnell aus und hat einen viel zu hohen Energieverbrauch. Der Raumbedarf ist längst vom Oberschulamt anerkannt und darf nicht länger geschoben werden (Antrag).

    • Contracting- und Intractingverträge erleichtern die Finanzierung (Antrag im letzten Jahr).
    • Stromeinsparung auch bei Signalanlagen (Antrag)
    • Dachflächen städt. Gebäude für private Solaranlagen (PPP) zur Verfügung stellen.
    • Für Flüge Ausgleich an www.atmosfair.de bezahlen (Antrag)

     

    Angesichts der Brisanz sollte der Energiebericht der Stadt, der letzte lag 2003 vor, doch jährlich und nicht nur alle 5 Jahre aktualisiert werden. In diesem Bericht wird deutlich, dass auch in LB die Energieeinsparungen durch den Ausbau der Infrastruktur aufgefressen werden.

     

    Der Verband der Region Stuttgart hat eine Studie "zur Ermittlung der fiskalisch besten Baulandstrategie für die Kommunen in der Region" vorgelegt. Darin heißt es: "Auch unter dem ökonomischen Blickwinkel sind die Kommunen besser beraten, auf das Bauen im Bestand zu setzen". Die Mehrheitsmeinung in diesem Gremium und auch in anderen Kommunen geht eher in die Richtung, dass neue Baugebiete gebraucht werden, um Familien mit Kindern günstiges Bauland bieten zu können. In der Studie heißt es dazu: "Bei diesem Konkurrenzkampf der Gemeinden um neue Einwohner gibt es auf lange Sicht keine Gewinner, sondern nur Verlierer".

    Wenn Sie mehr für Familien tun wollen, müssen Sie die Rahmenbedingungen für Familien verbessern und nicht Bauplätze für Einfamilien und Doppelhäuser ausweisen. Welche Familie mit mittlerem Einkommen – das Potenzial, das sie gerne hier hätten - kann sich heute noch ein Grundstück mit einem Einfamilienhaus oder Doppelhaus leisten? Daran wird auch das von Ihnen beschlossene Baukindergeld nichts ändern. Auch Geschosswohnungsbau und das Wohnen in der Innenstadt kann man familienfreundlich gestalten. Um das Wohnen in vorhandenen Strukturen zu fördern, müssen Familien dafür das Baukindergeld erhalten (Antrag) und die Grundsteuer ökologisch reformiert werden (Antrag).


    Das können wir nicht alleine, aber beim Deutschen Städtetag anregen.

    Wir brauchen mehr Bäume undGrünflüchen! Nicht als Öko-Ausgleich sondern zusätzlich, weil für den Klimaschutz der "status quo" nicht ausreicht. Aber statt mehr zu machen, akzeptieren Sie sogar, dass der Ausgleich mangels Fläche (z.B. Hundshalde) eben nicht realisiert werden kann. Das Förderprogramm für Umwelt- und Naturschutz ist im HH auf "Null" gefahren, weil jetzt alles über das monetäre Ökokonto läuft. D.h.: selbst Maßnahmen im privaten Bereich, die der Umwelt und dem Klima dienen, werden künftig mit Baumaßnahmen gegen gerechnet, womit der Effekt "null" ist.

    LKZ 22.11.: "Wald im Südwesten so krank wie nie zuvor" Ludwigsburg – einer der verkehrsreichsten Räume – ist der waldärmste Landkreis in B-W. Mehr Bäume reinigen die Luft und sorgen für ein besseres Klima.

     

    Maßnahmen:

    • Jubiläumswald/Friedwald (Antrag).
    • Alleensanierung vorantreiben,
    • mehr Schrebergärten statt Rückbau (wie z.B. an der Schlieffenstraße geplant)
    • "Straßenbegleitgrün" kann nicht als Öko-Ausgleich für Baumaßnahmen und zusätzlich als Maßnahme gegen den Feinstaub – also doppelt - gewertet werden darf.

         

        Beim Feinstaub sind wir keinen Schritt weiter gekommen. Die geplante Straßenreinigung dient ja nicht etwa der Gesundheit sondern nur dem Unterschreiten des gesetzten Grenzwertes und stellt außerdem eine enorme Lärmbelästigung dar. Das Geld sollten wir uns sparen.

        "Wir müssen tun, was wir tun können" (Spec). Und da gibt es auch beim Thema Verkehr noch viel zu tun. Nicht nur wg. der hohen Feinstaubbelastung besteht Handlungsbedarf (Lärm, Klima, Lebensqualität, Gesundheit).

        • Wir müssen Druck machen, um den Zeitplan für schärfere Abgasgrenzwerte zu straffen.
        • Die Abgase mit Verkehrsverlangsamung reduzieren.
        • Viel mehr als bisher umweltverträglichen Verkehr fördern.

        Danke für den jetzt vorgelegten Maßnahmenkatalog für das Ludwigsburger Radwegenetz. Er verdeutlicht den Handlungsbedarf und auch den Finanzbedarf (obwohl der Finanzbedarf für die einzelnen Maßnahmen noch nicht beziffert ist)! Klar ist aber auch so: die HH-Mittel reichen dafür bei weitem nicht aus.

        Auch hier haben wir einen Investitionsstau! 200 000 Euro reichen grade mal für die Bestandspflege. Der MIV wird in LB jährlich mit knapp 200 Euro pro Einwohner und Jahr subventioniert (das geht aus der Antwort der Stadt auf unsere Anfrage dazu hervor)! Mit diesem Betrag könnte man viel für den Umweltverbund tun. San Sebastian hat den Radverkehrsanteil in den letzten 3 Jahren verdoppelt und den MIV auf einen Anteil von 25 % reduziert. Das geht auch in LB. Man muss es nur wollen.

        Also:

        • statt Strombergstraße und Westrandstraße: Ausbau ÖV (Bus, Stadtbahn), Radwege, Fußgänger freundliche Stadt der kurzen Wege;
        • statt kostenlosem Parken: ordentliche, barrierefreie Haltestellen im 300 m Radius, sichere und saubere Radabstellanlagen
        • Ausbau Radwegenetz (Antrag);
        • Nutzung ÖV bei Kulturveranstaltungen (Antrag).
        • Verbesserung der Verbindung ins Tammerfeld:
          kurzfristig Taktzeiten Buslinie 424, langfristig eine Stadtbahn (Antrag)

         

        Die Diskussion um den Bau einer Multifunktionshalle zeigt, dass Geld da ist, wenn man will. 23 Mio Euro allein an Investitionskosten sollen auf einmal kein Problem sein. Wir verstehen die Argumente der Fans, die sich mit zahlreichen emails auf unsere Anzeige gemeldet haben und auch aus unserer Sicht wäre die Halle an diesem Standort wünschenswert.

         

        Es gibt noch Vieles, das sich die Bevölkerung und auch wir uns wünschen und das finanziert sein will: neben dem, was ich bisher aufgezählt habe, gehört dazu z.B. auch eine kostenlose Kinderbetreuung; der Museumsverein wünscht sich bescheidene 5000

        4000 Schülerinnen und Schüler im Schulcampus können nicht Jahre auf eine Verbesserung warten. Dort, wo eine Begrünung und Verbesserung der Freiflächen möglich ist, muss das sofort geschehen. Z.B. haben die SchülerInnen der Justinus-Kerner-Schule lange Zeit die Baustelle ertragen und hinnehmen müssen, dass ihr Schulhof für den lang ersehnten Neubau weichen musste. Dass jetzt für ein Minimum an Aufwertung der Restflächen kein Geld da sein soll (Herr Schilling am 24. 11. im KuZ) kann nicht sein. Der Campus ist eine Riesenchance für das Zusammenwachsen der verschiedenen Schularten an diesem Standort. Und für die Kinder, die in der Innenstadt leben, haben wir nach wie vor viel zu wenig sichere Freiräume und Bewegungsflächen.

         

        Die Ludwigsburger Kulturschaffenden tun sich jedes Jahr schwer, die Zuschüsse für ihre zahlreichen kreativen Projekte zu halten oder zu erweitern. Wir wollen eine bürgernahe Kultur unterstützen, auch um den Tourismus zu stärken. Neu beantragen wir einen Skulpturenpfad, der durch die Stadt führt (Antrag).

         

        Der Stellenplan darf wg. wachsender Aufgaben nicht weiter gekürzt werden (z.B. im ÖPNV). Der Verwaltungshaushalt kann nicht jedes Jahr weiter "konsolidiert" werden. Irgendwann sind die Reserven ausgereizt. Wir haben den Eindruck, dass sie z.T. schon überstrapaziert sind.

        Für viele unserer Meinung nach wichtigen Maßnahmen für eine zukunftsfähige Stadtent-wicklung ist keiner oder kein ausreichender Etat im HH-Entwurf. Dabei sind wir nach dem Gemeindehaushaltsrecht verpflichtet, die verbrauchten Ressourcen wieder zu ersetzen. Aus Klimaschutzgründen gilt das auch für die ökologischen Ressourcen.

         

        Wir danken Ihnen für die Beantwortung unserer Fragen zur Ausschreibung der Multifunktionshalle. Sie haben uns überzeugt, dass das "Energie-Thema" auch beim Bau einer neuen Halle mit im Vordergrund steht. Aber: weder Bau, noch Betrieb dieser Halle kann - auch wenn sie am Bahnhof steht, was ein deutliches Plus ist - klimaneutral sein. Schon der Bau und erst recht der Betrieb bedeutet einen zusätzlichen Verbrauch an Ressourcen und Energie und mehr Verkehr.

         

        Wir wollen, dass die Stadt investiert um den Energieverbrauch und damit die Folgekosten zusenken und nicht um sie zu erhöhen. 20 Jahre 1,1 Mio Belastung als Investitionszuschuss, 300 000 Euro Betriebskostenzuschuss, weitere Verwendung der Einnahmen der Stadtwerke an die PAG für Parkierung statt für den Netzkauf. Dazu wird mehr Sponsoring durch die SW LB erwartet. Mit jedem Sieg steigt der Marktwert der Spieler und ist ein höherer Etat nötig.

        Und wofür: damit drei Ludwigsburger Spitzenvereine in Ludwigsburg Spitze bleiben können? Der 1. TCL hat bewiesen, dass man für eine Meisterschaft keine eigene Halle braucht. Sie haben gesiegt "in einer Halle ganz in der Nähe" und haben das Zeug im nächsten Jahr Weltmeister zu werden – auch ohne neue Halle in LB. Ganz in der Nähe steht eine geeignete Halle, die für solche Turniere genutzt werden kann. Der 1. TCL wird trotzdem ein Ludwigsburger Verein bleiben.

         

        Wenn Handballer und Basketballer sich abwerben lassen, dann bedauern wir das. Aber wir lassen uns nicht erpressen. Es darf nicht soweit kommen, dass Städte im Konkurrenzkampf untereinander durch das Kapital, durch Sponsoren für den Spitzensport, erpressbar werden. Unsere Sportförderung hier hat eine breite Basis. Wir bauen neue Sporthallen. Wir fördern die Jugendarbeit. Training in LB – und große Wettkämpfe in der Porsche Arena – Warum nicht?

         

        Auch wenn das Vorgehen Stuttgarts ziemlich dreist ist: die Halle wurde mit Steuermitteln finanziert. Die Infrastruktur für solche Großhallen muss regional betrachtet werden. Wenn jede Stadt ihre eigene Großsporthalle baut, trägt sie auch alleine das Risiko wenn der Verein absteigt. Diese Kirchturmpolitik können wir uns nicht mehr leisten. Sie ist einer verantwortbaren zukunftsfähigen Kommunalpolitik abträglich. Und auch die Vereine müssen stärker regional zusammenarbeiten, wenn sie erfolgreich sein wollen.

         

        Ludwigsburg hat zahlreiche Highlights und bekommt mit der Akademie für darstellende Kunst ein weiteres dazu (da zieht dann zum Ausgleich eben Stuttgart den Kürzeren). Wir müssen nicht alles selber haben. Wir müssen mehr interkommunal zusammenarbeiten (auch eine Forderung von Ihnen Herr Spec).

        Es gibt gute Gründe für die Halle und es gibt gute Gründe dagegen. Wir haben viel diskutiert und abgewogen. Unsere Fraktion wird beim nächsten Punkt der TO auch die 2. Stufe der Ausschreibung mehrheitlich ablehnen. Ein Teil unserer Fraktion wird der Ausschreibung zustimmen, was aber noch nicht als Zustimmung für den Bau zu verstehen ist.

         

        Zum Schluss möchte ich noch einmal mahnen, die wirklichen Probleme anzupacken und Kofi Annan zitieren, der beim Auftakt zum Klimagipfel in Nairobi gesagt hat: "Lasst keine Ausrede mehr zu. Lasst niemanden mehr sagen, wir können uns den Klimaschutz nicht leisten."

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