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Rede zum Haushalt 2003

Die allgemeine Finanzsituation der Städte und die von Ludwigsburg wurde in den vergangenen Wochen sehr ausführlich dargestellt und bewertet. Wir als Grüne unterstützen den vom Deutschen Städtetag beschlossenen „Appell der Städte“ an den Bundestag vom Oktober. Die wichtigsten Forderungen hierin sind eine verlässliche und angemessene Finanzausstattung der Städte sowie weitreichende Reformen in der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik. Zentrale Elemente sind dabei die Modernisierung der Gewerbesteuer mit dem Ziel, dass der Kreis der Steuerpflichtigen verbreitert und die Bemessungsgrundlage stabilisiert wird sowie die Aufstockung des Gemeindeanteils an der Umsatzsteuer. Weitere Forderungen umfassen die stärkere Orientierung der Politik am Leitbild der Nachhaltigkeit sowie die Aufstockung der Mittel für die Ganztagesbetreuung von Kindern und für die Sprachförderung im Rahmen des Zuwanderungsgesetzes. Ein inhaltlich guter Appell, aber vom Bund nur schwer und sicherlich nur mittel- bis langfristig zu realisieren. So müssen wir jetzt als Kommune handeln; auf den Bund zu schimpfen bringt nichts, auf den Bund zu warten, auch nicht.

Sehr viele wirklich wichtige Maßnahmen können wir im Jahr 2003 aufgrund der Aktienerlöse fertigstellen, wir können Planungen umsetzen und neue Planungen beginnen. Wir können dieses Niveau in den kommenden Jahren nicht halten, so dass wir froh sein können, dass gerade in den Stadtteilen in den letzten Jahren bereits viel modernisiert und neu gestaltet wurde, so z.B. in Oßweil, Pflugfelden und in Eglosheim. Die Schadstoffsanierung in den Schulen und Kindergärten ist weitgehend abgeschlossen, die Jugendhäuser Eglosheim und Grünbühl gebaut. Die Karlskaserne konnten wir trotz der Widerstände als Kunst- und Kulturzentrum erhalten. Ohne die Unterschriftenlisten aus der Bevölkerung und unsere Anträge hätten wir heute auf der Mathilde ein konkursgefährdetes Großkino und unnötige Snackbars, für die Filmakademie gäbe es keine oder nur sehr beschränkt Erweiterungsmöglichkeiten. Mit dem vorgelegten Haushalt gehen wir das Torhausprogramm, die Marstallstraße, die Sanierung des Pflugfelder Sportplatzes, die Sanierung der Talstraße und vieles ja bereits Bekanntes an. Besonders freut uns, dass es beim Westausgang des Bahnhofs weitergeht. Wir sind auch froh, dass es bei der Entwicklung der Flakkaserne endlich losgehen soll.

Die Weiterführung der Aufgabenkritik, was die städtischen Dienstleistungen anbelangt, ist in Anbetracht der Finanzsituation nur folgerichtig. Ohne Scheuklappen werden auch wir uns beteiligen und dürfen uns vor ungewünschten Entscheidungen nicht drücken. Unser Augenmerk sollte aber nicht nur der Wirtschaftlichkeit allein, sondern auch dem betroffenen Personal gelten. Der Bereich der Sozialhilfe im Amt von Herrn Albrecht, der schon unter Frau Lange strukturell und personell stark verändert wurde, wird jetzt wieder der Prüfung unterzogen. Alle Anstrengungen vom Personal und der Amtsleitung, effizient und doch kundenfreundlich zu arbeiten, sollen anscheinend umsonst gewesen sein. Uns ist nicht klar, wie der Landkreis zusagen kann, die gleichen Leistungen mit geringeren Kosten erbringen zu können. Zu erwähnen ist hier auch noch die Maßnahme Job Aktiv, durch die Menschen wirklich aus der Sozialhilfe rauskamen. Jegliche Aufbauarbeit bei Job Aktiv wäre auch hier umsonst gewesen, wenn die Sozialhilfe rückdelegiert wird.

Sicherlich gibt es einiges, was leider aus dem Haushalt wider Erwarten rausgeflogen ist. So ist die Enttäuschung bei denen sicherlich groß, die die eine oder andere Maßnahme im nächsten Jahr erwartet haben, so z.B. die Turnhalle in Eglosheim, die Sporthalle Innenstadt, die weiteren Räume für die Uhlandschule usw. Auch wir sehen Notwendigkeiten, deren Realisierung leider im Moment nicht möglich ist. So brauchen wir dringend neue Räumlichkeiten für den Lern- und Spielclub, für die Poppenweiler Vereine, eine bessere Unterbringung des Stadtarchivs, die Heizung für die Östlichen Stallungen der Karlskaserne, den Abbau des Provisoriums an der Osterholzschule, eine bessere EDV-Ausstattung in den Schulen sowie ein Programm für erneuerbare Energien, die Realisierung des Projekts Zugwiesen, für das die Mittel nicht annähernd ausreichen, verstärktes Engagement im Alleenprogramm und die Bahnlinie nach Markgröningen. Die Prioritätenliste von Herrn Kiedaisch ist da zwar für manche ein Hoffnungsschimmer, doch eine Verläßlichkeit gibt sie nicht her. Eine Realisierung ist nur möglich, wenn die Einnahmen höher ausfallen wie jetzt angenommen. Das ist unseres Erachtens unwahrscheinlich.

Die Aufstellung des Haushaltsplanes war im Vorfeld geprägt von den wöchentlich anderen Steuerschätzungen und den fehlenden Betreuungseinrichtungen für Kinder. Wir danken der Kinderinitiative für ihr Engagement, ohne das der Stein nicht ins Rollen gekommen wäre. Für uns unbegreiflich stehen wir jetzt vor Wartelisten für Kinder mit 3 Jahren, die gesetzlich einen Anspruch auf einen Platz haben. Da wurde von außen ein Bedarf aufgedeckt, der durch solide Planung hätte vermieden werden können. Doch über Entsetzen und Schuldzuweisungen hinweg sind wir jetzt gemeinschaftlich bei den nötigen Maßnahmen angekommen. Was wir in der Oststadt, in Oßweil, in Eglosheim, Poppenweiler und Pflugfelden vorhaben, muß sehr, sehr schnell umgesetzt werden. Wir haben mit Herrn Kiedaisch mehrmals über den Finanzbedarf für weitere Kindergarten-Gruppen im Jahr 2003 und folgende gesprochen. Da wir die nötigen Bau- und Umbauinvestitionen aus den NWS-Erlösen bezahlen, können wir, so sagt er, jederzeit auf die Gelder zurückgreifen. Es müssen also nur noch schnell die notwendigen Beschlüsse in den Gremien fallen. Wir hoffen auf eine zügige Mitarbeit der CDU und der Freien Wähler, die bei diesem Thema in den letzten Jahren nur allzuoft auf die Bremse getreten haben. Wird eine Höchstbelegung bei den Parkplätzen festgestellt, sind neue Parkplätze sehr schnell gebaut. Eine Höchstbelegung in den Kindergärten jedoch wird hingenommen.

Ich bin jedoch zuversichtlich, dass zumindest die neuen Kindergarten-Gruppen kommen, und bei der AWO wird beim Neubau der Tagesstätte eine zusätzliche Kleinkind-Gruppe geschaffen. Wir stellen deswegen im Bereich der Kinderbetreuung keinen Antrag zum vorgelegten Haushaltsplan.

Auch die Sanierung der Kirchstraße und leider auch des Reithausplatzes ist im Jahr 2003 rausgeflogen. Wir waren es, wie auch die Freien Wähler, was als Kombination wirklich sehr selten ist, die im Jahr 2001 die Planung vorangetrieben haben und eine Realisierung des 1. Teilabschnittes bis 2004 anstrebten. Warum wollten wir das? Weil uns die Argumente von Frau Deutscher und Herrn Wolf überzeugten, weil wir einen weiteren Schub für die Innenstadt wollten. Vor etwa 2 Monaten hat das Stadtplanungsamt den Einzelhändlern die Planungen zur Umgestaltung vorgestellt, eine Realisierung bis 2004 erschien möglich. Zu unserer Überraschung und für uns völlig unverständlich haben sich die dort anwesenden Einzelhändler aus der oberen Kirchstraße vehement gegen einen Baubeginn in 2003 ausgesprochen. Es wirkte an dem Abend schon fast so, als ob Herr Mihm die Einzelhändler von der Notwendigkeit einer Sanierung überzeugen müßte. Bereits nach wenigen Wortbeiträgen wußte ich, dass die Pläne wohl erstmal in der Schublade landen. Da haben sich meines Erachtens die Einzelhändler selbst um die Chance gebracht, weil sie nur ihre eigene Situation bedacht haben, ohne sich als Gemeinschaft zu sehen. Die Händler in der unteren Kirchstraße sind jetzt die Leidtragenden, da sie nochmal länger auf eine Verbesserung ihrer Umgebungsqualität warten müssen. Zur aktuellen Aussage der LUCY vor einigen Tagen in der LKZ, in der Seestraße wäre am 2.11.02 mehr los gewesen als in der Kirchstraße möchte ich in dem Zusammenhang anmerken: In der Seestraße arbeiten die Einzelhändler zusammen, machen Aktionen und haben vor allem eine positive Ausstrahlung. Aus der Kirchstraße kommen an uns hauptsächlich Wehklagen und Beschwerden.

Der Haushalt beinhaltet keine Ausgaben, die wir für überflüssig halten. Wir haben deshalb keinerlei Streichvorschläge. Uns fehlen jedoch einige inhaltliche Punkte, vor allem zur Innenstadtentwicklung und zum Verkehr, die wir mit Anträgen zur Diskussion stellen und die ich im folgenden begründen werde.

Wir beantragen für die notwendige Weiterentwicklung der Innenstadt:

  • erneut den Kauf des Walckerareals. Seit der letzten Diskussion Anfang des Jahres ist wieder nichts passiert. Wir sind uns sicher, dass eine Vermarktung unter städtischer Regie zu einer städtebaulich vertretbaren Bebauung des Geländes führen wird. Die veröffentlichte Diplomarbeit hat hierzu interessante Impulse gebracht.
  • Unserer Meinung nach sollten die Parkplätze rund um das Schloss in die Parkraumbewirtschaftung mitaufgenommen werden. Erklärtes Ziel von uns allen hier ist, die Tiefgarage im Marstall-Center zur „Schloß-Garage“ zu machen. Das wird uns aber nicht gelingen, wenn es in gleicher Entfernung kostenlose Parkplätze gibt. Die Überwindung der B 27 vom Schloß in die Innenstadt schaffen wir so nicht.
  • Die Rathaus-Garage ist fertiggestellt, der steinerne Platz darauf läßt auch nicht mehr lange auf sich warten. Wir sehen jetzt den Zeitpunkt gekommen, den Arsenalplatz als grünen Platz umzugestalten.
  • Seit den letzten Diskussionen um den Schillerplatz und die Schillerstraße sind jetzt einige Jahre vergangen. Wir halten eine Gesprächsrunde mit der Initiative Schillerviertel, den Anwohnern und sonstigen Interessierten für notwendig. In dieser Gesprächsrunde könnten Ideen entwickelt werden, um das gesamte Viertel aufzuwerten.

Für die RadfahrerInnen in unserer Stadt wären zunächst auch ohne großen Aufwand Verbesserungen möglich, wenn die Einbahnstraßen für sie geöffnet würden. Bauliche Verbesserungen sind nötig in der Marbacher Straße, Heilbronner Straße, Schillerstraße und auch Wilhelmstraße, wo die Radfahrer bei der Planung ganz bewußt nicht berücksichtigt wurden. Wir beantragen im Bereich Verkehr:

  • verschiedene Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung in der Solitudeallee, wie z.B. der Umbau des Radweges stadteinwärts sowie eine Bedarfsampel auf Höhe des Römerhügelweges
  • die Planung einer zweispurigen Untertunnelung der Frankfurter Straße zwischen der Anschlusstelle Mäurach-Querspange und der Marienwahl. Unseres Erachtens wird die 4-spurige Untertunnelung zu weiterem Verkehr und durch die weitere Straße im Bereich Reuteallee zu einer weiteren Naturzerstörung führen. Eine zweispurige Lösung kann weitaus schneller realisiert werden und zu einer spürbaren Entlastung der Anwohner führen. Ferner beantragen wir eine Machbarkeitsuntersuchung für eine Stadtbahn vom Bahnhof ins Tammerfeld. Sie würde dann oberirdisch auf der dann 2-spurigen B 27 verlaufen. Wir haben diese Idee bereits von einem Verkehrsplaner prüfen lassen, der sie für machbar hält. Meine Damen und Herren, in diesem Gremium werden wir fast ausgelacht, wenn wir das Wort „Stadtbahn“ nur aussprechen. Nur komisch, dass diese in anderen Städten bereits seit Jahren von der Bevölkerung erfolgreich angenommen wird.
  • Wir beantragen den Bau einer Fahrradgarage am Bahnhof. Aus der Bürgerschaft kommt schon lange der Wunsch nach einer sichereren Abstellmöglichkeit für das Fahrrad. Durch die Randlage und die schlechte Einsicht meiden viele den Fahrradabstellplatz am Bahnhofsgebäude, da gute Räder dort oft gestohlen oder beschädigt werden.

Es bleiben noch zwei weitere Anträge, mit denen ich zum Schluß kommen will:

  • Wir beantragen wieder die gesplittete Abwassergebühr, um einer weiteren Versiegelung unserer Böden entgegenzuwirken. Der Hochwasser-Sommer in diesem Jahr zeigte deutlich, welche Folgen die jahrzehntelange Flächeninanspruchnahmen nach sich ziehen. Eine gerechte Gebührenordnung ist notwendig.
  • Schlußendlich beantragen wir die Aufhebung der Entschädigung für die Teilnahme an Fraktionssitzungen. Mit dieser Einsparung könnte ca. eine Personalstelle im Kindergarten finanziert werden.

Mit den erwähnten Punkten sehen wir den Haushaltsberatungen offen entgegen und freuen uns auf die Diskussion mit Ihnen.

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