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Rede zum Haushaltsplan 2011

„Vom Sterne-Menue zur Hausmannskost“

- Es gilt das gesprochene Wort! -

Der Haushaltsplanentwurf für 2011 wurde vom Kämmerer, Herrn Kiedaisch, als „keine leichte Kost“ bezeichnet. Wie wahr! Es ist nicht leicht zu verdauen, dass wir trotz der Anstrengungen der Haushaltskonsolidierung von jährlich ca. 10 Millionen und einer Globalen Minderausgabe von 2 Millionen erkennen müssen, dass wir die Ausgaben im Verwaltungshaushalt nicht mehr erwirtschaften können und somit ein Defizit von 15,5 Millionen besteht, das nur durch Rücklagenverbrauch ausgeglichen werden kann. Auch die Investitionen des Vermögenshaushaltes können nur durch Rücklagen und Grundstücksverkäufe in Höhe von 10,6 Millionen finanziert werden. Es steht im Raum, 4 Millionen Euro über Kredite aufzunehmen, wodurch sich der Schuldenstand erhöht. Gleichzeitig werden Investitionen geschoben und wünschenswerte Dinge werden vom Einkaufszettel gestrichen.

Haben wir also in der Vergangenheit über unsere Verhältnisse gelebt? Zu oft das 5-Gänge-Menue bestellt, das wir uns nicht mehr leisten können?

Sicher, es gibt äußere Faktoren, wie die Banken- und Wirtschaftskrise, die unseren Geldbeutel nicht im üblichen Maße angefüllt hat. Aber haben uns die guten Einnahmen nicht auch dazu verleitet, mehr zu bestellen als uns gut tut, und was uns nun „schwer im Magen liegt“? Sie ahnen es, ich erinnere an die Ausgaben für die ARENA. Das ganze PPP-Projekt sollte uns eine Veranstaltungsstätte zu einem „Schnäppchenpreis“ von 15 Millionen bescheren, die wir mit jährlichen Betriebskosten von 300.000 Euro unterstützt hätten. Nach dem Scheitern des Modells haben wir nun neben den Kosten auch noch die Vermarktung zu tragen – mit offenem finanziellen Ausgang. Heute rächt sich, dass 2008, bei sehr guten Einnahmen aus der Gewerbesteuer, die FAG-Rücklage nicht aufgefüllt worden ist, sondern die ARENA finanziert wurde. Verglichen mit vielen anderen Kommunen geht es uns noch gut und doch müssen wir langfristig die Ausgaben im Hinblick auf einen generationengerechten Haushalt in Griff bekommen, denn die Rücklagen sind verbraucht. Der vorgelegte Haushaltsentwurf zeigt keinen Mut zu unpopulären Entscheidungen, wie beispielsweise die Erhöhung der Gewerbesteuer. Ist dies dem OB-Wahljahr geschuldet? Für das Jahr 2012 ist eine Erhöhung ja durchaus angedacht.

Wir sind uns alle einig, dass wir – um im Bild zu bleiben – bei der Bezahlung des Menues nicht mit der Kreditkarte bezahlen können, die die nächste Generation einzulösen hat.

Aber, so fragen wir uns, ist es gerechtfertigt die Generationengerechtigkeit immer dann anzuführen, wenn es um Ausgaben der Kinderbetreuung geht?

Die Organisation der Kinderbetreuung ist eine der wichtigsten gesellschaftlichen Aufgaben. Sie gewährleistet, die Berufstätigkeit von Mann und Frau, sie erfüllt den Erziehungs- und Bildungsauftrag und trägt maßgeblich bei zur Integration und somit zur Stabilität einer Gesellschaft. Darüber hinaus ist es ein weicher Standortfaktor, der genützt werden muss um der Überalterung entgegen zu wirken. Gerade hier, und nicht nur wegen der rechtlichen Verpflichtung, müssen wir die Schwerpunkte des Haushalts setzen.

Es ist uns bewusst, dass teilweise die Mehrausgaben des Verwaltungshaushaltes durch erweitertes Personal in den Tagesstätten zu suchen ist. Aber gerade hier wollen wir GRÜNEN nicht auf einen qualitätvollen Ausbau verzichten. Die angedachte Ausweitung durch Tagespflege kann nicht den angestrebten Ausbau von Plätzen für Unterdreijährige ersetzen, es kann nur eine wichtige Ergänzung sein. Wir beantragen deshalb,

den Investitionszuschuss für den „U-3-Ausbau“ auf dem Niveau von 2010 (700 T€) zu belassen und nicht zurückzufahren (140 T€). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass wir darauf drängen, dass sich Bund und Land mehr an den Ausbaukosten beteiligen.

Nicht nur in der „U-3-Betreuung“ ist ein Ausbau nötig, auch im Rahmen der Ganztagesbetreuung zeigt sich ein erweiterter Bedarf. Dies sowohl im Kindergarten als auch in der Schule. Sie müssen sich den geänderten Bedingungen stellen und sich zu Ganztagsschulen umorganisieren. Die ständig erweiterte Kernzeitenbetreuung ist ein deutlicher Hinweis darauf. Ein ganztägiger Aufenthalt in den Einrichtungen macht jedoch eine gute Essensversorgung der Kinder notwendig, die auch meistens vorhanden ist. Allerdings zu einem nicht unerheblichen Preis: neben den Elternbeiträgen für Kindestagesstätte und Kernzeit wird ein Essensgeld von 3,- € erhoben, das für manche Eltern, zumal wenn mehrere Kinder vorhanden sind, eine erhebliche Last darstellen kann. Adäquat zu einer Erhöhung des Essenspreises bei den Kindern sollte eine Anhebung des Kantineessens für städtische Mitarbeiter erfolgen – immerhin wird ihr Essen mit 2,75 € subventioniert, was fast 1 Kinderessen ausmacht!


Ein weiterer Schwerpunkt ist für uns die Ökologie: Welche Bedeutung hat der Grünleitplan? Welche Bereiche werden nachhaltig gesichert und es wird der Lebensraum nicht durch weiteren Zubau eingeschränkt? Bei Grundstücksverkäufen ist darauf zu achten, dass ein Teil des Erlöses zu einer nachhaltigen Sicherung von Grünflächen reinvestiert wird .

Der Luftreinhalte- und der Lärmaktionsplan zwingen uns, Mobilität neu zu denken und zu entwickeln. Nur mühsam zeigen sich Fortschritte und die Umsetzung und Aktualisierung von Maßnahmen nehmen einen zu langen Zeitraum in Anspruch. Positiv sehen wir die Chancen der Elektromobilität, gerade als Unterstützung der hier ansässigen Wirtschaftsunternehmen. Aber dies ist nur ein Teil des Gesamtpaketes. Der ÖPNV muss dringend an Attraktivität gewinnen, damit den BürgerInnen ein Umstieg leichter fällt. Eine maßgebliche Rolle spielt hierbei die Stadtbahn, für die wir weitere Untersuchungen unterstützen und den entsprechenden Kostenbeitrag dazu bereitstellen wollen.

Am umweltverträglichsten sind jedoch Wege, die zu Fuß oder Rad zurückgelegt werden. In Zusammenarbeit mit der Radinitiative wurden in diesem Jahr schon gute Fortschritte erzielt und wir sehen weitere gute Entwicklungschancen, weshalb von einer Reduzierung des Budgets abgesehen werden sollte.

 

Ausgabenerhöhungen wollen wir Einnahmenerhöhungen entgegensetzen:

 

Die Stadt tut viel für die hier ansässigen Unternehmen:

  • Mit dem Film- und Medienzentrum bietet sie Starterfirmen Räumlichkeiten und unterstützt den Auf- und Ausbau der Branche. Filmakademie und ADK sind dafür wichtige Einrichtungen.
  • Durch das Energetikom sollen innovative Ideen im Bereich der Energiewirtschaft angegangen werden und mit dem Projekt Elektroauto bietet es den Zulieferfirmen der Autoindustrie neue Entwicklungs- und Arbeitsbereiche.
  • Zahlreiche Baugebiete bieten Arbeitsmöglichkeiten in der Baubranche.
  • Etliche wirtschaftsfördernde Veranstaltungen werden finanziell unterstützt. Hier sehen wir ein Einsparpotential, zumindest kann der Betrag auf den des Jahres 2009 zurückgeführt werden – den Autofrühling, immerhin mit 12.000 Euro vertreten, wollen wir ganz streichen.

 

Allgemein wird von wirtschaftlichem Aufschwung gesprochen – was liegt dann näher, als die Wirtschaft auch bei den Ausgaben zu beteiligen? Wir sind der Meinung, dass dies eine moderate Erhöhung der Gewerbesteuer um 20 Hebesatzpunkte bedeuten kann, und stellen einen entsprechenden Antrag.

Weiter beantragen wir eine weitere Erhöhung der Vergnügungssteuer. Wir sehen dies vor allem als Lenkung an – weitere Vergnügungsstätten sind von uns nicht gewünscht.

Die Zurverfügungstellung von Parkplätzen kostet Geld und die Parkhäuser sind chronisch unterfinanziert. Alle Bürger, ob Autofahrer oder nicht müssen die Kosten tragen. Damit dies gerechter auf die Verkehrsteilnehmer verteilt wird, soll die Auslastung der Parkhäusererhöht werden, indem auf straßenbegleitendes Parken in der Innenstadt verzichtet wird. Dies hätte sowohl einen positiven städtebaulichen als auch Sicherheitsaspekt. Die Straßen böten Raum, um sichere Radwege auszuweisen. Diese Maßnahme braucht Überwachung, weshalb eine Erhöhung des städtischen Vollzugsdienst notwendig werden wird.

Eine Möglichkeit für weitere Einnahmenerhöhungen wäre die Anhebung der Parkpauschale fürMitarbeiter. Aber nicht nur bei anderen setzen wir den Rotstift an, auch für Gemeinderäte plädieren wir für die Abschaffung der freien Parkmöglichkeit. Gerechter wäre hier eine geringe monatliche Erhöhung der Pauschale, die dann für öffentliche Verkehrsmittel oder Parkgebühren eingesetzt werden könnte. Die Gelder für die Arbeit der Fraktionen könnte unserer Meinung nach gekürzt werden – dies zumindest so lange, wie Vereine und andere Organisationen Kürzungen in Kauf nehmen müssen.

Der enge finanzielle Spielraum im Jahre 2011 veranlasst uns auch zu dem Antrag, die Posten „bewegliches Vermögen“ in allen Fachbereichen um 20 % zu kürzen. Es muss doch möglich sein, die Erneuerung von Mobiliar oder technischer Ausstattung in einem Jahr etwas geringer ausfallen zu lassen.

Keine Notwendigkeit sehen wir auch, in Neckarweihingen den Südknoten neu zu gestalten. Um den Verkehr nach Poppenweiler auf die Landesstraße am Neckar umzuleiten, wäre eine Pförtnerampel an der Lechtstraße eine billigere Möglichkeit.

Bei derzeitiger Finanzlage werden wír uns Großprojekte über Jahre hinweg nicht mehr leisten können, wozu auch die Verkehrsentlastung Eglosheim mit der bahnparallelen Trasse gehört. Ein Streichen der Planungsrate erscheint uns deshalb folgerichtig.

Das strukturelle Problem des Haushalts ist mit all diesen Mitteln nicht zu lösen. Nachhaltige Politik zeigt sich darin, dass die Ausgaben des Verwaltungshaushaltes erwirtschaftet werden können. Wenn nicht, müssen wir Möglichkeiten finden, die Einnahmen zu erhöhen oder die Ausgaben zu senken. In den nächsten Jahren wird unser Augenmerk verstärkt auf Aufgabenkritik liegen müssen. Im Verwaltungshaushalt, wo es uns nicht vordergründig um Personalabbau geht, sondern um Möglichkeiten der interkommunalen Zusammenarbeit. Diese könnten auch bei Investitionen des Vermögenshaushaltes eine Überlegung wert sein, ebenfalls die Beteiligung der Wirtschaft und anderer Interessengruppen zu stärken, wo Investitionen auch ihnen zugute kommen. Gerade im Hinblick auf Generationengerechtigkeit werden wir den Einsatz der Mittel kritischer beleuchten müssen. Der Abbau von Schulden wird in diesem Zusammenhang Vorrang haben müssen vor neuen Investitionen. Die begonnenen Maßnahmen belasten den Haushalt noch auf viele Jahre.

Also, stellen wir uns auf „Hausmannskost“ ein – auch sie kann überaus schmackhaft sein!

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