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Rede zur Verabschiedung des Haushalts 2006 - Begründung unserer Ablehnung

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

sehr geehrte Damen und Herren,

 

1. Haushalt: Zuführungsrate, Grundsteuer

 

Der Verwaltungshaushalt der Stadt Ludwigsburg beläuft sich auf rd. € 223 Millionen.

Die Schwerpunkte sind teilweise richtig gesetzt: Schulen, Campus, Ganztagesbetreuung, Sportstätten (Sporthalle Innenstadt, Eglosheim), Sanierungsgebiete (Mathilde, Rathausareal), Wilhelmgalerie, Körnerstraße etc.

Es bleibt weiterhin kritisch, dass die Zuführungsrate an den Vermögenshaushalt mit € 4,3 Millionen noch immer weit unter dem Betrag liegt, der notwendig wäre, um die Substanz zu erhalten, bleibt (nämlich ca. € 8 Millionen).

In diesem Zusammenhang begrüßen wir die moderate Erhöhung der Grundsteuer um 30 Punkte. Das bringt € 1,1 Millionen Entlastung für den städtischen Etat. Und Ludwigsburg bleibt auch nach der Erhöhung immer noch weit hinten in der Scala bei der Grundsteuer.

 

2.  Tunnelrücklage, zweispuriger Tunnel

 

Die Tunnelrücklage hat einen neuen Namen gegeben. Sie heißt jetzt Verkehrs-Investitionsrücklage. Wir begrüßen diese Neudefinition. Wir können es uns in Ludwigsburg nicht leisten, € 20 Millionen einfach über Jahre hinweg auf der hohen Kante zu parken und gleichzeitig besteht vielfach ein enormer Investitionsbedarf. Vielleicht können wir alle – in Eglosheim, im Gemeinderat – ohne Scheuklappen und dogmatische Festlegungen neu ins Gespräch kommen, was eine machbare und wirkungsvolle Verkehrsentlastung für Eglosheim sein könnte. Unser Diskussionsvorschlag liegt hier auf dem Tisch: Wir schlagen einen zweispurigen Tunnel mit einer Stadtbahn ins Tammerfeld vor.

Der Vorschlag der Freien Wähler, 3 Mio. als Kredit aufzunehmen und gleichzeitig diesen Betrag in der Investitionsrücklage zu belassen, bringt uns mehr Zinsen, die wir gut brauchen können. Aber es ist klar, dass die Rücklage zur Deckung des Kredites herhalten muss, deshalb bleibt es im Kern auch eine Entnahme aus der Rücklage. Wichtig ist für uns, dass die Verkehrsinvestitionsrücklage allen Verkehrswegen gleichermaßen zugute kommt.

 

3. Personalkosten der städtischen Mitarbeiter

 

Wir alle kennen die gewaltigen Herausforderungen und die zahlreichen städtischen Großprojekte. Wir danken deshalb an dieser Stelle den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung für ihre bravouröse Arbeit. Diese haben im vergangenen Jahr auf allen Ebenen, unter teilweise sehr schwierigen Bedingungen (Umstrukturierung der Fachbereiche, neues Führungspersonal) excellente Arbeit geleistet. Das hat unsere Anerkennung und unsere Würdigung verdient. Wir sagen Dank für diese Arbeit.

Übrigens: Wir sehen im Moment keinen Spielraum für weitere Reduzierungen der Mitarbeiterzahl.

Einer Einsparung beim Personal in Höhe von € 3,7 Millionen pro Jahr, wie sie von der CDU in einem Haushaltsantrag gefordert wird, erteilen wir eine entschiedene Absage.  Für uns ist eine verantwortungsvolle Personalpolitik wichtig: Dies bedeutet Effizienz einerseits, andererseits aber auch Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern. Insbesondere muss die Zahl der Auszubildenden in der bisherigen Höhe erhalten bleiben.  

 

4. Kinderbetreuung, Ausbau von Straßen

 

Es gibt Punkte, an denen die Interessenunterschiede der Fraktionen sehr deutlich werden: Ich will zwei nennen:

4.1.            Die Freien Wähler fordern Kostensenkung in den Kindergärten in Höhe von € 400.000,--. Gleichzeitig fordern  sie eine Erhöhung der Straßeninstandhaltung in genau der selben Höhe: € 400.000,--

Es gibt in Ludwigsburg Straßen mit Schlaglöchern – keine Frage. Aber wir sagen: wir wollen das Geld bei den Kindergärten lassen. Wir können damit die Qualität unserer Kinderbetreuung verbessern und in die Betreuung für unter 3-jährige investieren. Wir haben hierzu einen Antrag gestellt, der den Rückgang der Kinderzahlen in den Kindergärten als Chance begreift. Dieser finanzielle Einsatz wäre ein deutliches Signal für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und für die Förderung junger Familien gewesen. Hier liegen für uns die Prioritäten.

 

4.2.            Wir hören immer wieder von vielen Seiten, dass wir alles tun müssen, um unsere Kinder zu fördern, die Begabungsreserven der kommenden Generation zu nutzen und zu entwickeln. Und genau die Fraktion, die so gerne vom Kinderland Baden-Württemberg spricht kommt, wenn es konkret wird mit dem Antrag, dass die Mittel für die Jugendkunstschule Labyrinth um € 60.000,-- gekürzt werden soll. Gerade die Einrichtung, die in Ludwigsburg Kindern und Jugendlichen ein bezahlbares Angebot macht, ihre Freizeit sinnvoll künstlerisch zu verbringen, sollte weniger Geld bekommen. Wenn dann diese Einrichtung ihre Gebühren erhöhen muss, wird sie für viele Kinder aus ärmeren Familien noch unerreichbarer. Das ist keine sozial ausgewogene Politik. 

Und was hätte mit dem gekürzten Geld passieren sollen? U. a. sollen damit die Planungsausgaben für die Strombergstraße erhöht werden. Wir können nicht die letzten Frischluftschneisen asphaltieren, den Lärm und Feinstaub in den genannten Gebieten erhöhen und Naturräume für Kinder beseitigen. Wir werden diese Politik nicht mittragen. Sie müssen sich schon entscheiden, ob Sie eher ein Kinderland in Ludwigsburg wollen oder ein Autoland.

 

5. WM-Leinwand / Gastfreundschaft

 

Viele von uns freuen sich auf die Fußball-WM. Ich freue mich – auch persönlich – darauf.

Wir sollten gute Gastgeber sein und ich hoffe auf spannende Spiele.

Aber: Die Leinwand gehört nicht auf den Marktplatz. Man spielt auch nicht Fußball in der guten Stube. Hier will ich eine klare Aufforderung an die Verwaltung richten: Es ist bisher nicht öffentlich diskutiert worden, dass es einen deutlichen besser geeigneten Ort gibt als den Marktplatz: Das Mathildeareal. Dieses Areal bietet deutliche Vorteile.

Wir wollen dazu eine offene Diskussion in der Stadt und keine Beschlüsse im nichtöffentlichen Teil von Ausschusssitzungen. Man sollte zuerst mit den Bürgern reden, und dann entscheiden – und nicht anders herum.

 

Und noch etwas: Wir verabschieden heute einen Haushalt. Aber es bleibt für viele Menschen in der Stadt ein großer Schandfleck: Das sind nicht die Löcher in der Uferstraße in Hoheneck oder das Walkerareal. Es ist der Umstand, wie hier in der Mitte unserer Stadt zum Teil noch immer mit unseren ausländischen Mitbürgern umgegangen wird. Viele hoffen, und ich schließe mich denen auch ganz persönlich an, dass wir es im nächsten Jahr schaffen, unsere Gastfreundschaft bei der WM zu zeigen und zu leben. Es muss in Ludwigsburg aber endlich genau so selbstverständlich werden, dass wir auch gut nachbarschaftlich mit den Menschen, die einmal als Gastarbeiter zu uns kamen, zusammen leben. Hier brauchen wir endlich ein eindeutiges und klares Signal von der Stadtverwaltung und vom Gemeinderat. Integration gibt es für keine Seite zum Nulltarif, und sie darf schon gar nicht von Partikularinteressen bestimmt werden.

 

Fazit:

 

Unsere Fraktion hat sich intensiv mit dem vorliegenden Haushalt befasst. Wir haben diskutiert, ist das Glas halb voll oder halb leer? Wir haben die Ergebnisse der Zukunftskonferenz ernst genommen und stellen jetzt fest:

im Ernstfall nimmt eine Mehrheit im Gemeinderat immer noch den Kindergärten ein paar Hunderttausend Euro weg und steckt sie in den Strassenbau

es wird über Bewegungsarmut bei Kindern geredet, aber wenn es um den Ausbau der Radwege geht, klappen immer noch viele gemeinderätliche Ohren zu

Bei Neubaugebieten ist noch immer die Straßenbreite und die Zahl der Parkplätze wichtiger, als die Frage der autofreien Flächen oder die Verwendung zukunftsfähiger Energiesysteme

der Kunstschule Labyrinth sollten 60 Teuro gestrichen werden – erst durch den Widerstand auch unserer Fraktion - wurde in letzter Sekunde erreicht, dass das Geld wenigstens für das 2. Halbjahr 2006 in Aussicht gestellt wurde

Beim Kulturprogramm des Forums wird von vielen mit offenen Augen zugeschaut, wie jedes Jahr die Veranstaltungsreihen gekürzt und reduziert werden, Warnsignale werden überhört

Beim Ludwigsburger Maschinenbauhersteller Cross Hüller sollen 190 Mitarbeiter entlassen werden, gleichzeitig wird dem Arbeitslosenzentrum der Zuschuss gestrichen, damit steht diese soziale Einrichtung nach 22 Jahren vor dem Aus

Am 10.12. war in der LKZ eine Seite, die symptomatisch für den diesjährigen Haushalt ist: 400 000 € für Straßensanierung, ALZ steht vor dem Aus.

 

Der Geist dieses Haushaltes lässt sich so zusammenfassen:

Üppig für Autos und Verkehr, knapp bei Kinderbetreuung und bei Beruf und Familie, knausrig bei der Kultur, zu kurzsichtig bei sozialen Fragen

Unser Fazit:

Im vorliegenden Haushalt steckt für uns zu wenig Zukunft.

Da wollen wir im nächsten Haushalt mehr sehen.

Deshalb wird unsere Fraktion den vorliegenden Haushalt geschlossen ablehnen.

Vielen Dank.

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