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Redebeitrag zu TOP 1 der Sitzung des Ausschusses Bauen, Technik, Umwelt am 22.04.2010: „Stellungnahme Stadt Ludwigsburg zum Planfeststellungsverfahren L1197 Neubau Neckarbrücke“ (Vorlage 172/10) – Es gilt das gesprochene Wort!

Wir haben viele und wir haben sehr gute Gründe, diese Stellungnahme der Stadtverwaltung heute abzulehnen. Eine Stellungnahme der Stadt Ludwigsburg müsste ganz anders aussehen.


Ich möchte unsere Gründe anhand der Punkte der Beschlussvorlage aufführen:



zum Punkt 1):


  • Hier werden ausschließlich Maßnahmen der STRAßEN-Verkehrsplanung als Konzept präsentiert. Ausschließlich neuer Straßenbau kann unser Verkehrsproblem nicht lösen, sondern er verschärft es nur, da Autofahren zusätzlich attraktiv gemacht wird.

  • Die aufgeführte bahnparalle Trasse steht in keinem direkten Zusammenhang, da Verkehr nach Logik eines Nord-Ost-Ringes gerade nicht durch Ludwigsburg und nach Eglosheim fließen sollte, sondern draußen herum an Stuttgart und Kornwestheim vorbei geleitet werden soll. Hier wäre die Frage zu stellen, ob die Stadtverwaltung selbst nicht an den Nutzen einer neuen Schnellstraße glaubt.

  • Es würde eine flächendeckende Verlärmung durch diese Straßenneubauten stattfinden.

  • Es würden hochwertige landwirtschaftliche Flächen versiegelt werden.

  • Es würden Naherholungsgebiete zerstört, die im verdichteten Norden Stuttgarts bereits rar sind.

  • Es würde eine Sogwirkung eintreten für den Fernverkehr durch den Bau einer durchgehenden Straßenverbindung zwischen Bundesautobahn A 81 und „Remstalautobahn“ B 29.

  • Alternativen für den Fernverkehr sind auf der Straße vorhanden, in Bau oder Planung:
    an erster Stelle: die A 81 als großräumige Umgehung von Stuttgart
    an zweiter Stelle: die B 14 über Backnang und weiter nach Mundelsheim, diese Verbindung wird bzw. wurde ausgebaut
    an dritter Stelle: der Ausbau B 10 in Stuttgart wird bereits vorangetrieben

  • Die in der Stellungnahme von der Stadtverwaltung angestrebte Nord-Ost-Ring-Planung ist gegen die Nachbarkommunen nicht machbar. Es ist utopisch anzunehmen, dass Stuttgart und Kornwestheim einer neuer Linienbestimmung zustimmen werden. Sie ist zudem unter ökologischen Gesichtspunkten nicht sinnvoll. Es würden zusätzliche Lärmbelastungen für Anwohner in Stuttgarter und Kornwestheimer Stadtteilen entstehen.

  • Ein regionales Lkw-Lenkungskonzept ist wegen Feinstaubbelastung und Luftreinhalteplanung sowieso notwendig!


Wir haben folgende Fragen zu dem Punkt:


Frage 1: Wo bleiben die Ansätze der integrierten Verkehrsplanung, also die Berücksichtigung aller Verkehrsträger? Wo bleibt der Rückgriff auf den Prozess und die Ergebnisse zum Stadtentwicklungskonzept?


Frage 2: Wo bleibt die Bewertung des Beitrags einer Verkehrsverlagerung? Konkret: Welchen Beitrag wird die Stadtbahn leisten? – Sie allein kann dazu beitragen, die Friedrichstraße von Ziel- und Quellverkehr zu entlasten. Sie allein sichert Mobilität auch für diejenigen Bevölkerungsteile – immerhin rund 30 % – , die kein Auto zur Verfügung haben, weil sie es sich nicht leisten können, weil sie krank oder zumindest gesundheitlich eingeschränkt sind, weil sie zu alt oder zu jung sind. Hier müssen endlich die Planungen vorangetrieben werden und ein Förderantrag gestellt werden. Hier wären zunehmend knappe Mittel für neue Infrastruktur sinnvoll und nachhaltig angelegt. Wann, wenn nicht jetzt, wollen wir umdenken?


Frage 3: Welche Zahlen kann die Stadt zur Stützung ihrer Aussage eines „hohen und zunehmenden Durchgangsverkehrs“ vorlegen? Wie hoch ist der Anteil des Fern- und des Durchgangsverkehrs heute? Wie hoch ist der Anteil von Regionalverkehren und v.a. von Ziel- und Quellverkehren, für die eine neue Schnellstraße nichts bringt? Hier würden aus unserer Sicht nur Maßnahmen vor Ort helfen.


Frage 4: Um die Entlastungswirkungen einer neuen Schnellstraße einschätzen zu können, müssten Prognosezahlen vorgelegt werden, welche Verkehre beim Bau eines kompletten Nord-Ost-Rings trotzdem noch auf Friedrich-/Keppler-/ Schwieberdinger Straße zukünftig vorhanden wären. Wo sind diese Zahlen? Es ist davon auszugehen, dass es zu keiner Entlastung für die Anwohnerinnen und Anwohner kommen würde, wie sie sich dies erhoffen.



zum Punkt 2)


Die Mehrbelastungen für die Aldinger Straße, die Robert-Franck-Allee und die B 27 sind auch zeitlich begrenzt für uns nicht hinnehmbar. Die Aldinger Straße ist für den Mehrverkehr nicht ausgelegt und zeigt teilweise heute schon Überlastungstendenzen.


Frage 5: Es stellt sich allgemein die Kostenfrage: Welche Kosten werden für Maßnahmen zum Lärmschutz anfallen? – Lärmschutzfenster für Anwohnerinnen und Anwohner an belasteten Straßen sind wünschenswert, wenn aber besondere Belastungen nur über einen begrenzten Zeitraum anfallen, stellt sich die Frage der Verschwendung von Steuergeldern.


Frage 6: Was für einen „begrenzten Zeitraum“ hält die Stadtverwaltung für hinnehmbar, welche Übergangszeit für akzeptabel? Welcher Zeitraum scheint überhaupt realisierbar bei unsicheren Planfeststellungsverfahren und fehlenden Finanzen? Es ist für uns nicht hinnehmbar, Druck auf Regierungspräsidium und Bundespolitik auf dem Rücken der Anwohnerinnen und Anwohner aufzubauen. Aus welchem Grund ist die Stadtverwaltung bei diesem Punkt so zurückhaltend?



zum Punkt 3)


Die Aussagen widersprechen deutlich den Forderungen unter Punkt 2. Bei Bau einer Andriof-Brücke sind zusätzliche Verkehrsbelastungen in Teilen von Ludwigsburg doch logische Konsequenz. Die Fahrzeuge können sich doch nicht in Luft auflösen.


Frage 7: Welche Maßnahmen kann sich die Stadtverwaltung selbst denn vorstellen, um Überlastungen zu verhindern?

 

 

zum Punkt 4)


Auch die Grünen lehnen die Alternativen, wie sie im Planfeststellungsverfahren untersucht wurden, ab.


Eine Variante E 4.3 würde in ihren Dimension am ehrlichsten einer regionalen Planung entsprechen und den Vorwurf einer konkurrierenden Planung zum Bundesverkehrswegeplan entkräften. Sie ist aber für das, was sie dann leisten sollte, überdimensioniert. Zudem würde sie zu den erwähnten schädlichen Auswirkungen auf Aldinger Straße, Robert-Franck-Allee und B 27 führen.


Die ursprüngliche Idee einer „Billinger-Brücke“ wird durch die überdimensionierte Ausführung der Varianten im Planfeststellungsverfahren absurd verfälscht. Es kann bei einer Billinger-Brücke nur um eine räumlich begrenzte Entlastung von Remseck gehen und darum, dort Platz für eine Neue Mitte und die neue Stadtbahnverbindung zu bekommen. Wir würden Remseck bei solchen Bemühungen gerne unterstützen. Eine solche Brücke darf nicht attraktiv für den Fernverkehr sein.


Zum Antrag der CDU kann ich nur fragen, wer denn diese Alternativen im Planfeststellungsverfahren gefordert hat? Das ist doch nur ein Scheingefecht des Regierungspräsidiums, um die eigene Salamitaktik zu verschleiern, die der Bundesverkehrswegeplanung widerspricht. Echte Alternativen sind das nicht.



zum Punkt 5)


In der Tat soll sich die Stadt dafür einsetzen, das gesamte Verfahren transparenter darzustellen. Die Stadtverwaltung müsste dabei auch dafür sorgen, dass alle Rahmenbedingungen in die Abwägung einfließen.


Frage 8: Welche konkreten Verbesserungen im Verfahren schlägt die Stadtverwaltung dem Regierungspräsidium vor?


Der Antrag der Grünen bleibt auch weiterhin aktuell. Die Stadtverwaltung möge die Ergebnisse zur Lärmbelastung, die vom Regierungspräsidium gerade überarbeitet werden, – wie in der Vorlage zugesagt – dann erneut auslegen und den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern Gelegenheit zur Stellungnahme geben. In diesem Zusammenhang sollte die Stadtverwaltung detaillierter als bisher über die Brücken­planung und Konsequenzen informieren, um selbst zur Transparenz beizutragen. Die heute hier erneut aufgeworfenen Fragen, auf die wir auch in der Vergangenheit keine Antwort erhalten haben, sollten dabei ebenfalls behandelt werden.



Angesichts der vielen offenen Fragen und angesichts der offensichtlichen Belastungen, die auf Ludwigsburger Bürgerinnen und Bürger zukommen würden, können wir diese Vorlage nur ablehnen. Wir erwarten von der Stadtverwaltung im Nachgang zu der heutigen Sitzung Antworten auf unsere Fragen.


Ich bitte um genaue Protokollierung. Vielen Dank!

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