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Michael Vierling: Ansprache anlässlich der Verabschiedung von Herrn Ersten Bürgermeister Konrad Seigfried durch den Gemeinderat am 28. April 2021

Sehr geehrter Herr EBM, lieber Herr Seigfried,

 

der Gemeinderat der Stadt Ludwigsburg sagt Ihnen „Auf Wiedersehen“ und „Danke!“.
Die Ära Seigfried geht zu Ende, angeblich altersbedingt.

Man möchte es nicht glauben, dass Sie für den Job zu alt sein sollen, denn mit Ihrer Präsenz und Ihrer Fitness lassen Sie viele andere alt aussehen.

„Werden Sie eigentlich nie müde?“ haben Sie Herrn Spec bewundernd gefragt zu seinem 60. Geburtstag. Und damit haben Sie zu erkennen gegeben, welch hohe Ansprüche Sie auch an sich selbst stellen.

Mit knapper Mehrheit sind Sie vor 15 Jahren hier ins Amt gewählt worden, mit haushoher Mehrheit wurden Sie vor acht Jahren im Amt bestätigt. Nicht überraschend, denn Sie waren den Ansprüchen mehr als gerecht geworden, Ihren eigenen Ansprüchen aber auch denen von Gemeinderat, Verwaltung und Öffentlichkeit. Das gilt bis heute.

Und das eben gerade auch inhaltlich: Als Sozial- und Bildungsbürgermeister haben Sie das Gesicht der Stadt maßgeblich geprägt – ein sympathisches Gesicht der Stadt mit guten Schulen und Kindertagesstätten, mit reicher Ehrenamtslandschaft, mit gutem sozialen Zusammenhalt, mit Willkommenskultur, mit topaktueller Stadtbibliothek und renommierter Volkshochschule.

Andere wären mit diesem Leistungsspektrum überlastet gewesen, Sie dagegen haben zusätzlich noch eine Geschäftsführung bei der Wohnungsbau Ludwigsburg übernommen und haben sich als antreibende Kraft im Förderkreis Burkina Faso bewährt.

Von einer Aufgabe werden Sie jetzt vorzeitig abgezogen – der Corona-Pandemiebekämpfung. Hier müssen wir den Kampf mit Nachdruck weiter führen – Sieben-Tages-Inzidenzen von 200 und mehr in der Stadt bedeuten bei weitem zu viele Ansteckungen; wir müssen solche Werte aktiv und deutlich unter 100 hinunter drücken, um die Krankheitsnotstände zu beenden und um viele Todesfälle zu verhindern.

 

Ja Herr Seigfried, Ihre Anliegen – die haben Sie durchgebracht im Gemeinderat. Sie wussten, was Sie wollten, Sie wussten klar zu argumentieren und zu überzeugen. Denn das ist wahrscheinlich das wichtigste für einen Bürgermeister: dass man nicht Schiffbruch erleidet im Gemeinderat.

Da hat es sicher geholfen, dass der Ludwigsburger Gemeinderat sich selten gegen die Verwaltung zusammen rottet, sondern harmoniebedürftig gern mit der Verwaltung geht. Oder aber Sie konnten mit der einen oder der anderen Seite des Gemeinderats eine Mehrheit organisieren.

Ja in puncto Führung und Geführtwerden – da waren Sie im Bedarfsfall auch schon mal ein autoritärer Knochen, mehr Söder als Laschet. Immerhin folgt Ihnen im Amt jetzt Renate Schmetz nach, also der partizipative Führungsstil vom Typ Baerbock.

Meine Damen und Herren, Seigfried und Spec, das war das prägende Duo an der Stadtspitze über so viele Jahre hinweg. Und bei aller Verschiedenheit der beiden: Herrn Seigfrieds Loyalität gegenüber seinem OB war vorbildlich, von außen gesehen passte zwischen die beiden kein Blatt Papier. Wenn es eng wurde im WKV oder im Gemeinderat, wenn der OB Spec sein lockend-drohendes Pulver verschossen hatte, dann hat ihn der Herr Seigfried herausgepaukt - mit Ruhe und Sachkenntnis, mit Beharrlichkeit und Entschlossenheit – eben ein Profi im Verwaltungs-Topmanagement.

Und was ist das für ein Mensch, der Konrad Seigfried? Ich glaube, das versteht man ganz gut, wenn man liest und hört, wie er über andere spricht, wie er zu anderen spricht. Seine Geburtstagsgrüße sind voll von der Weltweisheit des Einfachen, seine Ehrungsworte finden den positiven Kern der zu ehrenden Person. Weil er sich selbst nicht gern langweilt, sind seine Reden und Ansprachen auch für sein Publikum spannend.

Was bleibt mir von ihm am eindrucksvollsten in Erinnerung? Wie er auf Bürgerversammlungen zur Flüchtlingsaufnahme Solidarität und Nachbarschaftlichkeit mit den Geflüchteten eingefordert hat – unmissverständlich und unverhandelbar.

 

Wir sind froh, Herr Seigfried, dass wir Sie und Ihre Frau hier in Ludwigsburg behalten dürfen. Klingeln Sie uns auf den Feldwegen beiseite, wenn wir Ihnen, dem Rennradler, im Wege stehen, schreiben Sie uns täglich zwei Leserbriefe zur Kommunalpolitik in die Tageszeitungen, und kandidieren Sie dann im Jahr 2024 auf Ihrer Lieblingsliste für den Gemeinderat.

Statt eines größeren Geschenks möchten Ihnen Ihre Stadträtinnen und Stadträte zum Abschied neben einem Weinpräsent – Herr Weiss hält sich bereit – möchten wir Stadträtinnen und Stadträte Ihnen eine Spende überreichen für Ihren Förderkreis Burkina Faso Ludwigsburg – in großer Anerkennung Ihres Engagements für die weniger Begüterten und Begünstigten dieser Welt – und in hohem Respekt für Ihre Unterstützungsleistungen im Konkreten und Alltäglichen.

Es sind 2.000 € zusammen gekommen – unsere Verbeugung damit auch davor, wie Sie zeigen, wie sich die globalen Nachhaltigkeitsziele in kommunaler Entwicklungszusammenarbeit verfolgen lassen.

Die Zeit mit Ihnen war inspirierend, produktiv, ideenreich, spannend, lehrreich, erfolgreich, kurzweilig, kreativ, bereichernd, geistreich, mitreißend und einfach unvergesslich, so steht es auf unserer Karte. Alles Gute und viel Glück, Herr Seigfried!

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