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Rede zum Haushalt 2022 von Florian Sorg Fraktionsvorsitzender

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Knecht,
sehr geehrte Frau Erste Bürgermeisterin Schmetz,
sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Schwarz,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Mannl,
meine Damen und Herren!
Die Steuereinnahmen sprudeln wieder. Die Coronafolgen waren bisher glücklicherweise für den Großteil der Betriebe nicht so schlimm, wie befürchtet. Ich bin auch zuversichtlich, dass die innovativen und robusten Unternehmen in Ludwigsburg sich stabil auch durch die vierte Welle manövrieren.
Das Finanzministerium Baden-Württemberg rechnete kürzlich für die Kommunen im Land von Steuer-mehr-einnahmen für jedes Jahr von über einer Milliarde Euro. Von den berechneten 1,46 Milliarden Euro extra für 2022 und den 1,11 Milliarden plus in 2023 wird uns auch ein Mehrbetrag in Ludwigsburg zustehen.
Leider überschlägt sich die Corona-Entwicklung wieder einmal, weswegen es richtig ist, dafür heute einen extra Tagesordnungspunkt zum Impfen anzusetzen. Daher klammere ich - soweit es möglich ist - dieses Thema aus.
Es ist wichtig und richtig in diesen turbulenten Zeiten den Haushalt zu konsolidieren und auf den Prüfstand zu setzen.
Hierbei gilt unser Dank Herrn Kistler und Kolleginnen und Kollegen, sowie Herrn Nitzsche und Team. Sie haben einen Vorschlag unterbreitet, der Ausgaben reduziert und den Personalzuwachs bremst.
Im Hinblick auf die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise haben wir uns bereits im Juli einem Eckdatenbeschluss für den Haushalt 2022 unterworfen. Das ist jetzt richtig und dazu stehen wir. Aber handlungsweisend für die Zukunft ist dieses Papier nicht. Wir brauchen wieder Luft zum atmen. Konsolidierung ist richtig, jedoch dürfen wir uns nicht selbst die Luft abschneiden.
Wir dürfen nicht nur Sparen, koste es was es wolle und zusätzlich auch noch auf Einnahmen aus Steuern und Gebühren verzichten.
Damit engen wir unseren Spielraum zu sehr ein. Um die Aufgaben für die Menschen in Ludwigsburg stemmen zu können, müssen wir zukünftig das Steuern- und Gebührenaufkommen verbessern. Wenn wir mehr Kitas bauen wollen, müssen wir nächstes Jahr die Hebesätze der Steuern nach oben anpassen.
Wir leben bereits auf Kosten der zukünftigen Generationen. Aber weniger im finanziellen Sinne als in dem Maße, dass die jetzige
Generation ihre CO2-Verschmutzungsrechte überschreitet. Das hat das höchste deutsche Gericht im April dieses Jahres festgestellt. Das
Bundesverfassungsgericht hat die Politik in Deutschland aufgefordert die CO2-Reduktionsziele deutlich zu verschärfen.
Die jetzige, träge Politik bürdet unseren Kinder zu viel Treibhausgas-Einsparungen auf. Unter dieser Last werden unsere Nachkommen
leiden und sie werden ihrer Freiheitsrechte beraubt. Wenn wir so weiter machen, wie bisher, beschränken wir durch den um sich
greifenden Klimawandel die Möglichkeiten der kommenden Generationen massiv ein.
Wir wollen für die Menschen - auch die kommenden - diese Möglichkeiten und Freiheiten erhalten.
Wir wollen unserer Verantwortung gerecht werden und jetzt, hier in Ludwigsburg Treibhausgase massiv reduzieren. Wir schalten die
Ampel für die Energie- und Mobilitätswende auf grün. So oft fordern wir hier im Gremium, dass Bund oder Land bestimmte
Regelungen erlassen. Oft sind wir in der Kommune nicht mutig genug oder können die übergeordnete Regelung selbst nicht ändern. Seit
1993 blieb die Gebührenordnung des Straßenverkehrgesetzes unangetastet. Jetzt hat der Bund endlich ermöglicht, dass
Bewohnerparken den wahren Kosten für die Stadt und ihrer Bewohnerinnen und Bewohner entspricht. Es ist töricht von dieser
Möglichkeit nicht Gebrauch zu machen. Sie wirkt lenkend auf den schlafenden Verkehr. Jahrzehntelang hat die Stadt drauf gezahlt und
das Parken massiv subventioniert. Selbst das konservative Billigangebot von 60 Euro reicht nicht um die Kosten für Bau,
Schilder und Unterhalt etc zu decken. Das wurde noch vor der Sommerpause vom Gemeinderat kassiert.
Wir wollen, dass die Parkgebühren wieder zu den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt fließen. Dadurch sollen alle Mobilitätsformen
profitieren: ein ausgebauter ÖPNV, ein günstiges Stadtticket, mehr Fußgängerfreundlichkeit und ein digitalisiertes Parkleitsystem um
Parksuchverkehr zu minimieren und die innerstädtische Mobilität flüssig zu halten.
Mit unserem Antrag zum Bewohnerparken wird der ausufernde Parkdruck in der Stadt geordnet und mittelfristig reduziert. Dabei
achten wir auf soziale Ausgewogenheit und ökologische Vertretbarkeit. Da müssen Teile des Gemeiderats nicht wieder den
kleinen Mann bemühen oder plötzlich ihre soziale Ader entdecken, wenn es ums Parken geht. Da haben wir vorgesorgt.
Dem wilden Parken und der Wildwest-Mentalität am Straßenrand muss ein Riegel vorgeschoben werden. Daher fordern wir mehr
Personal zur Überwachung der bereits bestehenden Parkraumkonzepte. Das tolle ist, die Personalkosten tragen sich selbst
und bringen ein Plus ein, für wichtige Mobilitätsmaßnahmen für alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt.
Auch fordern wir, dass das Budget für Radwege und Radabstellanlagen wieder auf das Vorjahresniveau erhöht wird.
Ludwigsburg soll seiner Verantwortung lokal wie national für den Klimaschutz gerecht werden. Die Besteuerung auf Energie muss sich
so ändern, dass klimaschädliche Energieformen teurer werden. Durch den Beitritt im CO2-Abgabe-Verein verdeutlicht Ludwigsburg, dass es
höchste Eisenbahn für diese Lenkungsabgabe ist.
Energie ist der wichtigste Hebel für den Klimaschutz. Ludwigsburg verdient bei der Energieversorgung ordentlich mit. Die Stadt rechnet
im Haushalt 2022 mit 4,6 Millionen Euro an Konzessionsabgaben von Energieversorgern. Das sind Abgaben, die die Stadt dafür erhält, dass
Energieunternehmen uns hier mit Strom und Gas versorgen dürfen.
Die Hälfte dieses Energiegeldes soll - so ein weiterer Antrag von uns -
für Klimaschutzmaßnahmen eingesetzt werden.
Eine dieser Maßnahmen ist der Ausbau der Photovoltaik auf städtischen Dächern. Das ist doppelt wirksam: Städtischer Solarstrom
verbessert unsere Klimabilanz und unseren Ergebnishaushalt. Hier fordern wir mehr Tempo und Invest. Die Sanierungsquote dümpelt um
die ein Prozent herum. Dabei muss diese massiv angehoben werden, weswegen wir uns für ein Förderprogramm für Klimaschutz und
natürliches Dämmen stark machen. Davon profitiert das Klima und die lokale Wirtschaft.
Uns ist bewusst, dass ein ambitioniertes städtisches Klimaschutzprogramm nur mit gutem und belastbarem Personal
funktioniert. Daher ist es für uns nicht akzeptabel bei der Stabsstelle Klima an Personal zu sparen, wie es die Verwaltung vorsieht. Wir
fordern im Gegenteil eine Stelle mehr.
Innovatives, nachhaltiges Bauen wird am besten dann begreifbar, wenn es ein gutes Beispiel vor Ort gibt. Daher wollen wir die
Stadtverwaltung ermutigen ein ganzheitliches Pilotprojekt Green Building mit Fassaden- und Vertikalbegrünung auszuschreiben.
Begrünung mit Bäumen eint uns hier alle im Rund. Damit die vielen gewünschten Bäume auch endlich mal wurzeln können, beantragen
wir eine eigene Position im Haushalt zur Nachpflanzung von Bäumen. Es kann nicht angehen, dass planmäßig - so liest sich der
Haushaltsplan - die Anzahl der Bäume in Ludwigsburg verringert wird. Für Klimaneutralität, für das globale und lokale Klima brauchen
wir die Bäume.
Um den Artenschwund entgegenzuwirken braucht es noch weitere Maßnahmen. Daher fordern wir die Stadtverwaltung auf, ihre
Beleuchtungskonzepte von öffentlichen Gebäuden dem novellierten Naturschutzgesetz anzupassen. Das Abschalten von unnötig
brennenden Lichtern hilft Insekten und unserem Ergebnishaushalt. Mit vielen dieser Maßnahmen kommen wir unserem Anteil das Klima
zu schützen näher. Doch es wäre blauäugig zu glauben, wir müssten uns nicht auf den Klimawandel in der Stadt einstellen. Daher fordern
wir nicht zuletzt ein Fachkonzept zur Klimaanpassung. Das beinhaltet Starkregengefahrenkarten für Anwohnerinnen und Anwohner und ein
Vorwarnsystem für den Katastrophenfall, sowie Anpassungen des Stadtgrüns an Starkregenereignisse und Dürreperioden.
Für den Booster im Klimaschutz brauchen wir Investitionen. Wir müssen den Gebäudebestand auffrischen. Das BZW muss konsequent
nach Kriterien des Klimaschutz und der Innenraumgesundheit neu gebaut werden. Um diese großen Aufgaben zu schultern, regen wir die
Gründung einer Art städtischer Investitionsgesellschaft an. Wir müssen ordentlich in den Gebäudebestand investieren anstatt
Stückwerk zu fabrizieren.
Vor einem knappen Monat hat der Bundesverband der Deutschen Industrie vor der Klimakonferenz in Glasgow von der Politik mehr
Tempo beim Klimaschutz gefordert. Der BDI-Präsident Siegfried Russwurm sagt: „Das klimaneutrale Industrieland gibt es nicht zum
Nulltarif – weder für Unternehmen noch für private Haushalte.“ Eine der Forderungen der Industrie lautet, dass bereits in neun Jahren fast
keine Verbrenner mehr zugelassen werden sollen. Sogar 69 große „Deutsche Unternehmen für Klimaschutz“ fordern zusätzlich klare
Rahmenbedingungen und eine Umsetzungsoffensive für Klimaneutralität.
Unsere Ausgaben, unsere Investitionen in der Stadt müssen in diese Klimaoffensive einzahlen.
Unsere kommunalen Gebühren und Satzungen müssen sich in diesen Rahmen einfügen.
Eine wirtschaftsfeindliche, träge Politik in diesem Gemeinderat, die den Ludwigsburgerinnen und Ludwigsburger Räume und Plätze
vorenthalten will und Mobilitätswende und Klimaschutz auf den Sankt Nimmerleinstag verschiebt, muss aufhören.
Lasst uns für Arsenal- und Karlsplätze, die den Menschen zu Gute kommen, streiten, statt um Stellplätze. Lasst uns den Straßenraum
zurückgeben für kickende Kinder, sonnige Schwätzbänkle und die Stadtbahn.
Wir stehen für diese geforderten klaren Rahmenbedingungen. Wir stehen für saubere und klimafreundliche Energie. Wir gehen mit den
Unternehmen die Überholspur zu einer solaren Wirtschaft und lassen die Beschäftigten nicht im Starkregen stehen. Wir ermöglichen den
Menschen in Ludwigsburg neue Mobilität anstatt sie im Stau und Smog stecken zu lassen.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

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