video_label

Rede: Beschluss des Haushalts 2020 - Haushaltsreplik 12.12.19 Florian Sorg

"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

liebe BürgermeisterInnen,

lieber Herr Kistler,

liebe Zuhörerinnen und Zuhörer!

 

Vielen Dank an Sie Herr Kistler und Team für Ihren Einsatz für den Hauhalt 2020 und dass Sie uns Gemeinderätinnen und Gemeinderäte mitgenommen haben.

 

Was macht einen soliden Haushalt aus? Sicher, dass man nicht zu hohe Schulden macht.

Also den nachkommenden Generationen keine zu hohe finanzielle Bürde auferlegt. Es ist sehr wichtig und ein Gebot der Gerechtigkeit unsere Kinder nicht zu sehr zu belasten. Das muss aber genau so dafür gelten, welches Stadtbild und welche Klimavoraussetzungen wir hinterlassen. Es ist niemandem geholfen schuldenfrei zu sein, aber in einer Stadt leben zu müssen, die mit Autos vollgestopft ist. Schuldenfreiheit hilft keiner Stadt, wenn sie regelmäßig einen Verkehrsinfarkt erleidet und diese mit extremen Wetterbedingungen aufgrund der Klimakrise zu kämpfen hat.

 

Herr Oberbürgermeister, Sie fordern uns auf: „Wir müssen uns bewegen, neu denken und manches anders machen“

 

Wir sind bereit neue Wege zugehen. Unsere ausgestreckte Hand, bleibt auch weiterhin ausgestreckt. Sie ist jedoch zurückgezuckt, als wir feststellen mussten, dass viele der Anforderungen für ein klima- und menschenfreundliches Ludwigsburg nicht im Haushalt vorgesehen sind.

 

Greta Thunberg und Fridays for Future fordern von uns, auf die Wissenschaft, die unverzügliches Handeln anmahnt, zu hören.

 

Die Gretchenfrage dieses Haushalts ist die Parkraumbewirtschaftung. Eine Maßnahme, die nicht Geld kostet, sondern einbringt. Eine Maßnahme, die nicht verbietet, sondern lenkt und krankmachende Stickoxide, Lärm, Feinstaub und Treibhausgase reduziert.

 

Die vorgebrachten Bedenken vor allem der Ämter und der Polizei zur Parkzone Ost und dem Pendlerticket nehmen wir sehr ernst. Diese legen den Finger in die Wunde und zeigen uns auf, dass wir uns mehr anstrengen müssen, was Rad- und Lastenradstationen, Carsharing-Angebote für die Ämter und Ausbau des ÖPNV angeht. Ungerechtigkeit, die andernorts verursacht wird, wie geringerer Lohn für Frauen, wird nicht durch geringe Parkgebühren wiederhergestellt. Es hilft nicht weiter, mit dem Deckmäntelchen der Sozialverträglichkeit eine überholte Verkehrspolitik retten zu wollen.

 

Bereits jetzt bekommen wir zigtausende mehr Fahrkilometer im Busverkehr. Ludwigsburg droht ein Dieselfahrverbot und bald schon täglicher Verkehrskollaps. Verkehswissenschaftlerinnen und Klimaexperten fordern sofortige Maßnahmen. In dieser Woche tagt die Weltklimakonferenz in Madrid. Und es wird wieder deutlich, dass alle Ebenen von international bis kommunal ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten müssen. Lassen Sie sich, Herr Knecht, nicht das Heft aus der Hand nehmen! Läuten Sie die Verkehrswende in Ihrem ersten Amtsjahr ein! Und gehen Sie Parkraumbewirtschaftung, ÖPNV-Ausbau und die Stadtbahn beherzt an. Bitte halten Sie sich an den Beschluss zur Niederflurbahn und dem gemeinsamen Übereinkommen der Bürgermeister im Kreis, vor allem in Zeiten wo Bund und Land Gelder zur Verbesserung des ÖPNVs bereitstellen wollen.

 

Was bringt der Haushalt 2020?

Wir h a b e n Geld für Flächenentsiegelung und etwas Geld kommt durch die Anhebung der Vergnügungssteuer in die Kasse. Den Kreditbedarf konnten wir von 30 auf 17 Millionen Euro senken.

Ein zaghafter Schritt in Richtung nachhaltiger Mobilität sind die ticketfreien Adventssamstage und verkaufsoffenen Sonntage.

 

Es ist Ihnen Herr Knecht hochanzurechnen, auf alle Parteien zuzugehen und Konsens zu erreichen.

I h r e m Haushalt, Herr Knecht hätten wir zustimmen können, aber einem vor allem durch CDU, Freie Wähler und FDP verwässerten Haushalt können wir nicht zustimmen. Daher werden wir uns mehrheitlich enthalten.

 

Nichtmal die eine Million Mehreinnahmen, wie zunächst vorgesehen, wird nun durch Parken erwirtschaftet.

 

Dies jedoch nur beispielhaft. Wir müssen das Gesamtpaket betrachten. Auf der Soll-Seite stehen noch weitere Posten, die uns das Zustimmen erschweren: Taka Tuka Land wird weiterhin von der Stadt hingehalten. Der WBL steht weniger Geld für sozialen Wohungsbau zur Verfügung. Und ein notwendiger Klimahaushalt ist das hier noch lange nicht!

Um Klimaneutralität 2050 zu erreichen, muss Ludwigsburg mehr tun als das City-Ticket mitzufinanzieren.

 

Ein Sprichwort sagt: "Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die einen Mauern, die anderen Windmühlen."

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat, wir haben hier immer wieder die Möglichkeit zu entscheiden ob wir mauern oder uns bewegen.

 

Dazu drei Stichworte:

ERSTENS Radwege: Es ist doch ein Offenbarungseid, wenn Investitionen in Radwege abgelehnt werden, weil sie nicht verbaut würden. Dann müssen wir dafür sorgen, dass wir hier mehr Gummi auf die Straße kriegen, Gummi von Fahrrädern versteht sich.

ZWEITENS Solardächer: Die Landes-CDU fordert uns Kommunen auf, eine Solarpflicht für alle Neubauten einzuführen. Hier bewegen wir uns gerne auf die CDU zu. Lassen sie uns gemeinsam die Dächer Ludwigsburgs zu Solarkraftwerken werden lassen.

DRITTENS Parkplätze: Auch hier müssen wir auf die Wissenschaft hören. Die legt dar, dass mehr Parkplätze zu mehr Verkehr führt und eine Reduktion hingegen sogar mehr Umsatz in den Geschäften bringt. Wir sollten also nicht nur die Parkgebühren maßvoll erhöhen, sondern absolut keine weiteren Flächen für ruhenden Verkehr versiegeln.

 

Diese und andere Vorhaben müssen wir mit dem gleichen Enthusiasmus wie die Schubart-Toiletten angehen!

 

Wir dürfen hier nicht mit Bedenkenträgerei mauern und mit vorgeschoben Argumenten Klimaschutz, Verkehrswende oder Wohnungsbau ausbremsen. Stellen Sie, wenn Sie zögern, dann einen konstruktiven Änderungsantrag, damit das gemeinsame Ziel erreicht wird.

 

Wir möchten den Kindern Ludwigsburgs einen Ort hinterlassen, wo sie mit dem Lastenrad, aufgetankt durch Sonnenstrom vom eigenen Dach, zur Kita gebracht werden; wo der junge Nachbar der alten Dame den Sprudelkasten nach oben trägt, was ja nicht nötig ist, wenn sie unser gutes Leitungswasser trinkt; wo Menschen Autos und Räume gemeinsam nutzen und nicht Raum dem Auto verschleudert wird; wo Familien wohnen können und sie sich keine Gedanken machen müssen, wann der Bus oder die Stadtbahn fährt, weil der Takt stimmt - eine Stadt, wo Kinder sicher zur Schule radeln können und einen sicheren Kita-Platz haben, wo Kinder aufatmen können und wieder auf den Straßen spielen können.

Das schaffen wir nur, wenn wir uns jetzt beim Klimaschutz bewegen, Stadtentwicklung neu denken und Verkehrspolitik anders machen! Danke."

 

- Es gilt das gesprochene Wort. -

 

Florian Sorg

expand_less